E-Mobilität mit Kohlekraft? – Atomausstieg wirft neue Fragen auf
Stand: 15.09.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Bonn/Stuttgart - In der Diskussion um die Massentauglichkeit von Elektroautos ist aus Expertensicht in Deutschland eine ganz zentrale Frage noch nicht gestellt worden. "Wir müssen erst einmal darüber nachdenken, ob die Elektromobilität überhaupt der richtige Weg ist. Denn wir sind ja nicht bereit, Kohle- oder Atomkraftwerke zu ertragen. Doch Sonnen- oder Windenergie allein reichen nicht aus", erklärte Rainer Meckes vom Beratungsunternehmen Simon-Kucher & Partners gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
Derzeit ist es nur Zukunftsmusik, dass regenerative Energien wie Wind, Sonne oder Wasser herkömmliche Quellen wie Atom-, Kohle oder Gaskraft ersetzen. Denn für die alternativen Energien fehlen Speichersysteme ebenso wie ein grenzübergreifendes Verbundnetz, das Schwankungen intelligent abfedern kann.
Es sei daher kein abwegiges Szenario, dass ein E-Auto-Massenmarkt nur mit mehr Kohlekraftwerken im Inland und Atomstrom aus dem Ausland gelingen könnte. "Wenn ich sage, ich baue auf Elektroautos, dann kann der Strom dafür nun einmal nur aus Atomkraftwerken aus dem Ausland bezogen werden - oder ich gehe zurück zu fossilen Energieträgern, etwa Kohle, mit all den Belastungen und der gleichen Umweltproblematik wie beim Öl", sagte Meckes.
E-Mobilität mit Strom aus Kohlekraft?
So drohte der atomkritischen Gesellschaft in Deutschland ein neues Dilemma. "Wenn ich meinen Frieden damit gemacht habe, kurzfristig preiswerten Strom in Atomkraftwerken zu produzieren, um daraus den Verkehr zu speisen, dann ist das konsequent und nachvollziehbar. Aber wenn ich wieder anfange, neue Kohlekraftwerke zu betreiben, um damit Batterien zu füllen und Autos in der Stadt fahren zu lassen, dann bestehen an der Sinnhaftigkeit einer solchen Entwicklung doch erhebliche Zweifel", gab Meckes zu bedenken.
"Ob man vor diesem Hintergrund die Empfehlung aussprechen sollte, in die Richtung überhaupt weiterzuarbeiten - da bin ich mir nicht so sicher. Das ist zumindest nicht ausdiskutiert", meinte Meckes. "Man muss in einem vernünftigen Kreislauf denken und nicht zu kurz, dass E-Mobilität schön und neu ist und nicht mehr stinkt."
Meckes kritisierte: "Das ist ja das eigentliche Drama, dass das Thema überhaupt nicht in der öffentlichen Diskussion ist. Da ist ja eine massive Irrationalität drin: Wir wollen keine Atomkraftwerke, holen den billigen Strom dann aber aus Frankreich. Ich glaube, diese Abhängigkeiten und ungelösten Probleme bei der E-Mobilität haben noch viele überhaupt nicht durchdrungen."
Deshalb müsse die Frage erlaubt sein: "Sind wir da mit moderner, klassischer Fahrzeugtechnik nicht schon auf einem besseren Weg? Und man sieht ja auch, dass etablierte Autobauer noch gewaltig in die klassischen Motorentechnologien investieren", sagte Meckes.
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