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Drittletztes Steinkohle-Bergwerk schließt

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: AFP

Köln - Am Freitag wird im Bergwerk Auguste Victoria in Marl eine letzte symbolische Kohlelore rollen. Bis 2018 werden alle Steinkohle-Bergwerke in Deutschland geschlossen sein.

In der Blütezeit des Steinkohle-Abbaus glichen Teile des Ruhrgebiets einem stählernen Wald aus Fördertürmen: Kurz vor der Kohlekrise 1958 förderten die Kumpel an der Ruhr jährlich noch mehr als 123 Millionen Tonnen Steinkohle - 2014 waren es gerade mal noch 5,7 Millionen Tonnen. Mittlerweile sind fast alle Bergwerke im Ruhrrevier geschlossen, die Tage der letzten Zechen sind längst gezählt.

Ende einer alten Tradition

Mit der Stilllegung von Auguste Victoria nach 110 Jahren Kohleabbau wird es in ganz Deutschland nur noch zwei Kohlebergwerke geben: Prosper Haniel in Bottrop - dann die letzte Zeche an der Ruhr - und Ibbenbüren im nördlichen Münsterland. Auch diese beiden Bergwerke werden Ende 2018 geschlossen. Dann wird der heimische Steinkohlebergbau, der einst als Motor der deutschen Wirtschaft galt, endgültig Geschichte sein. So sieht es der 2007 gefasste Beschluss des Bundestags zum Auslaufen des Steinkohleabbaus vor.

Importkohle löste Krise aus

Das langsame Sterben der Kohlezechen in den traditionellen Kohleländern Nordrhein-Westfalen und Saarland begann freilich schon mit der Kohlekrise 1958. Damals stürzte der Trend zu billiger Importkohle und preisgünstigem Erdöl die Steinkohle in eine tiefe Krise.

Wurzeln im Mittelalter

Der Abwärtstrend traf eine Schlüsselindustrie, deren Wurzeln auf deutschem Gebiet bis ins frühe Mittelalter zurückreichten. Denn schon vor mehr als 900 Jahren wurde an der Westgrenze der heutigen Bundesrepublik Kohle abgebaut - im Aachener Steinkohlerevier, dem ältesten in Kontinentaleuropa. Um das Jahr 1300 belegten Urkunden auch den Kohleabbau an der Ruhr, wenig später auch an der Saar.

Kohle als Motor der Industrialisierung

Die Geschichte der industriellen Kohleförderung begann aber erst im 19. Jahrhundert: Neue Maschinen ermöglichten es den Bergleuten, das schwarze Gold aus immer größeren Tiefen zutage zu fördern. Mit dieser auch qualitativ besseren Kohle wurde Stahl erzeugt - und das Ruhrgebiet wurde zum industriellen Zentrum Deutschlands. 1853 wurden im "Kohlenpott" bereits mehr als zwei Millionen Tonnen Kohle gefördert. Gut hundert Jahre später, in den Jahren des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg, waren es 150 Millionen Tonnen im Jahr.

 Doch in der Wirtschaftswunderzeit nach dem Krieg wurde der Pulsschlag der florierenden Steinkohlebranche von Jahr zu Jahr schwächer. Wegen der sinkenden Importpreise begann das große Zechensterben: Von 1960 bis 1980 sank die Zahl der Bergwerke in Deutschland von 146 auf nur noch 39, im Jahr 2000 waren nur noch zwölf Zechen in Betrieb, von denen heute gerade mal drei übrig geblieben sind. Die bundesweite Fördermenge sank von knapp 150 Millionen Tonnen Steinkohle 1957 auf 7,6 Millionen Tonnen im Jahr 2014.

Tiefe soziale Auswirkungen

Für die Kumpel zog die Kohlekrise dramatische Arbeitsplatzverluste nach sich. Während 1957 noch fast 610.000 Menschen bei den Steinkohle-Betrieben in Lohn und Brot standen, gab es 1970 nur noch etwas mehr als eine viertel Million Stellen. 1994 sank die Zahl der Arbeitsplätze in der hoch subventionierten Branche erstmals unter 100.0000, derzeit liegt sie bereits unter 10.000.

In den früheren Steinkohle-Revieren um Aachen und im Saarland arbeiten bereits keine Bergleute mehr unter Tage: Die Geschichte des Aachener Reviers endete schon 1997 mit der Schließung der Zeche Sophia-Jacoba in Hückelhoven, und mit dem Bergwerk Saar in Ensdorf schloss 2012 die letzte Zeche im Saarland ihre Tore. Mit dem Aus für Auguste Victoria in Marl zum Jahresende rückt nun auch das unwiderrufliche Ende der Steinkohleförderung 2018 in greifbare Nähe.