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Deutsche zahlen höchste Netzentgelte in Westeuropa

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Berlin - Auf Verteilnetzebene müssen massive Ineffizienzen beseitigt und enorme Potenziale gehoben werden. Das ist das Fazit des heute erschienenen Fachmagazins kompass. Das Magazin wird vom Bundesverband Neuer Energieanbieter e.V. (bne) herausgegeben. Gastautoren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden decken krasse Missstände auf der Netzebene auf, die bereits heute für 90 Prozent der Netzentgelte verantwortlich ist und auf der künftig noch höhere Kosten entstehen werden.

Ursache der unvermeidbaren Kostensteigerungen ist der Umbau des Energiemarktes – weg von zentralen Großkraftwerken hin zu dezentraler, schwankender Erzeugung, die von den regionalen Netzen aufgenommen werden muss. „Auf dieser Ebene gilt es, nicht einfach dem lauter werdenden Drängen nach mehr Geld nachzugeben und betriebsblind den Status quo zu akzeptieren. Stattdessen müssen wir tabulos die überkommenen Strukturen prüfen und jedes vorhandene Kostensenkungspotenzial heben“, fordert bne-Geschäftsführer Robert Busch anlässlich des Erscheinens der bne-Fachpublikation kompass: „Der Weg in die Energiewende braucht einen Stresstest für Verteilnetze!“

Welche Potenziale tatsächlich zu heben sind, zeigen zwei Zahlen: Während sich Deutschland 1.561 unterschiedliche Betreiber von Strom- und Gasverteilnetzen leistet, kommt Großbritannien mit 12 Betreibern solcher Netze aus. „Da der Betrieb eines Verteilnetzes aufgrund seiner Kapitalintensität Größenvorteilen unterliegt, ist anzunehmen, dass es aufgrund der kleinteiligen Unternehmenslandschaft in Deutschland zu erheblichen Effizienzverlusten kommt“, erläutert Dr. Ferdinand Pavel vom Beratungsunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW econ GmbH) im kompass. Ein Indiz in diese Richtung liefere ein Vergleich der Netznutzungsentgelte in Deutschland, Frankreich sowie England und Wales, so Pavel: „Insgesamt zahlen Haushalts-, Gewerbe- und Industriekunden in Deutschland die relativ höchsten Entgelte.“

Der Geschäftsführer der lekker Energie GmbH, Dr. Thomas Mecke, wird im aktuellen bne-Fachmagazin noch deutlicher: „Kein anderer EU-Staat hat eine solch heterogene, wettbewerbsfeindliche und ineffiziente Verteilnetzstruktur!“ Tatsächlich muss ein netzunabhängiger Energieanbieter für den Aufbau eines bundesweiten Vertriebes heute 1.561 Lieferantenrahmenverträge abschließen – ein enormer administrativer Aufwand, der insbesondere für kleinere Lieferanten eine Markteintrittsbarriere darstellt.

Dr. Andrea Schweinsberg vom Wissenschaftlichen Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH (WIK) drückt es im bne-kompass so aus: „Ein Lieferant muss mit jedem Verteilnetzbetreiber, in dessen Gebiet er anbieten möchte, einen Rahmenvertrag abschließen.“ Dieses sei zunächst einmal mit hohen Transaktionskosten verbunden. „Je kleiner der Lieferant, je weniger Erfahrungen auf dem deutschen Markt und je flächendeckender das Angebot, desto deutlicher schlagen sich diese Transaktionskosten nieder und behindern die Verwirklichung eines Markteintritts“, so Schweinsberg.

Einen ersten Schritt aus der Misere zeigt Prof. Dr. Müller-Kirchenbauer von der Technischen Universität Clausthal auf. „Zur Vermeidung von Effizienznachteilen müssen kleine Unternehmen kooperieren“, sagt er im Interview mit dem bne. Einen weiteren wesentlichen Schritt zur Verbesserung des Status quo nennt Mecke: „Eine konsequente und rechtzeitige Veröffentlichung der relevanten Monopoldaten könnte auf einfachem Wege Abhilfe schaffen.“