Deutsche Windstrom-Branche kriselt trotz Boom
Stand: 19.03.2012
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Hannover/Bremen/Emden - Durch den Atomausstieg und die Energiewende sind erneuerbare Energien in aller Munde. Doch ist der erhoffte Boom von Sonnen- und Windstrom nur eine Luftnummer? Zahlreiche kriselnde Unternehmen der Solarbranche ließen dies bereits vermuten - nun folgt die deutsche Offshore-Branche.
Die Offshore-Branche an der Nordseeküste steckt in einer Krise. Der Windkraftanlagenhersteller BARD hat für Montag zu Mitarbeiterversammlungen an den Standorten Emden, Cuxhaven und Bremen eingeladen. "Wir befürchten, dass schon am Montag die ersten Kündigungen ausgesprochen oder angekündigt werden", sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Dieter Haase in Hannover. Angst um den Verlust von Arbeitsplätzen gibt es auch bei dem Offshore-Zulieferer Nordseewerke in Emden. Der Betrieb soll aber trotz der Insolvenz des Mutterkonzerns Siag Schaaf in Rheinland-Pfalz vorerst weiterlaufen.
Bei BARD sind nach SPD-Angaben vor allem die Arbeitsplätze in der Rotorblattfertigung in Emden gefährdet. Die Zuliefer-Arbeiten für Deutschlands ersten kommerziellen Windpark "BARD Offshore 1" würden in Kürze abgeschlossen. "Es gibt keine weiteren Aufträge", sagte der 1. Bevollmächtigte der Gewerkschaft IG Metall in Emden, Wilfried Alberts, am Freitag auf dapd-Anfrage.
BARD-Unternehmenssprecher Axel Bahr sagte dazu auf Anfrage in Bremen nur: "Am Montag sind keine Kündigungen zu erwarten." BARD sucht seit Monaten erfolglos nach einem Käufer. Auch der 100 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum entstehende Windpark "BARD Offshore 1" hinkt dem Zeitplan mehr als zwei Jahre hinterher und soll nunmehr Ende 2013 fertiggestellt werden. Von den geplanten 80 Windkraftanlagen sind etwa 30 errichtet worden.
Siag Schaaf will Insolvenzantrag stellen
Wenige Meter neben dem BARD-Rotorwerk in Emden gab es dagegen am Freitag leises Aufatmen: Die Nordseewerke sind vorerst nicht von der Insolvenz des Mutterkonzerns Siag Schaaf betroffen. "Wir wurden am Morgen von der Geschäftsleitung informiert, dass es normal weitergeht", sagte der Betriebsratsvorsitzende der Siag Nordseewerke, Erwin Heinks, am Freitag auf dapd-Anfrage in Emden. Er sei optimistisch, dass der Betrieb mit 700 Mitarbeitern dauerhaft fortgeführt werden könne.
Windkraft-Zulieferer Siag Schaaf will am Montag den bereits angekündigten Insolvenzantrag stellen. Dieser werde beim Amtsgericht Montabaur eingereicht, teilte die Aktiengesellschaft am Freitag in Dernbach mit. Details zu den Gründen der Pleite wurden bislang nicht genannt. Vor zwei Jahren hatte das Unternehmen die ehemalige Werft Nordseewerke von ThyssenKrupp gekauft, um dort Türme, Fundamente und Umspannwerke für Offshore-Windparks zu bauen.
Die niedersächsische SPD-Landtagsfraktion sieht die Branche vor diesem Hintergrund von "tiefen Einschnitten" bedroht. "Wir appellieren an die Landesregierung, jetzt zügig aktiv zu werden. Ein weiteres Beobachten der Situation reicht nicht aus", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Olaf Lies in Hannover. Die Offshore-Wirtschaft leide unter der fehlenden Absicherung der Finanzierungen.