Der Klimapoker in Paris: Ein Überblick
Stand: 30.11.2015
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Paris - Auf dem Klimagipfel in Paris sind viele Themen heiß umstritten. Um zu einer Einigung zu kommen, werden viele Punkte erst zum Ende der Gespräche hin verhandelt. Worum wird genau gestritten?
Temperaturziele: Wieviel Grad dürfen es sein?
Kleine Inselstaaten, vom Anstieg des Meeresspiegels besonders bedroht, wünschen sich eine neue Grundverpflichtung. Nach ihren Vorstellungen soll die Erdtemperatur bis 2100 um nicht mehr als 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter steigen. Das wäre ein ehrgeiziges Ziel, bei der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 hatten die Teilnehmer noch "zur Kenntnis" genommen, dass die Erdtemperatur um nicht mehr als 2 Grad steigen sollte.
Selbst wenn die Länder ihre Treibhausgasemissionen so stark reduzieren, wie vor der Konferenz in ihren nationalen Klimazielen angekündigt, würde die Erdtemperatur nach UN-Angaben um etwa 2,7 Grad steigen. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP geht sogar von einem Anstieg von 3 bis 3,5 Grad Celsius aus. Die Erde hat sich seit 1850 bereits um 0,8 Grad erwärmt.
Lastenteilung: Wer war und wer ist Schuld?
Historisch haben vor allem die Industrieländer Emissionen in die Luft gepumpt. Doch längst spielen aufstrebende Schwellenländer wie Indien und China eine entscheidende Rolle, wenn man den Temperaturanstieg eindämmen will. Die pochen aber auf ihr Recht, wirtschaftlich zu den reichen Staaten aufzuholen. Einige Experten meinen: Wenn die Konferenz scheitert, dann an diesem Punkt.
Langfristige Ziele sind unklar
Der Mensch muss weniger CO2 in die Atmosphäre pusten - soweit herrscht Einigkeit. Doch soll die Weltwirtschaft nun bis Ende des Jahrhunderts ohne CO2-Emissionen auskommen, wie zum Beispiel von den reichen G7-Ländern gefordert? Oder soll der Ausstoß einfach sobald wie möglich den Scheitelpunkt erreichen und dann sinken? Strittig ist zum Beispiel auch, ob das Auffangen und unterirdische Einlagern von CO2 eingerechnet werden darf.
Verbindlichkeit der Verpflichtungen?
Wie verpflichtend werden die Vereinbarungen von Paris? Der gärende Streit wurde Anfang November offenbar, als US-Außenminister John Kerry in der "Financial Times" sagte, die USA würden keine "rechtlich bindenden Klimaziele" unterschreiben, wie es sie beim Kyoto-Protokoll von 1997 gab. Im Gastgeberland Frankreich sorgte das Interview prompt für Ärger, dort gilt die klare Linie: Das Abkommen muss verbindlich sein.
Ständige Nachbesserung der eigenen Verpflichtungen
Ihre nationalen Klimaziele legen die einzelnen Länder nach aktuellem Stand ohnehin selbst fest. In Paris geht es damit vor allem um eine Selbstverpflichtung der 195 Länder, regelmäßig und gründlich über ihre Emissionen zu berichten und ihre Klimaziele nach oben anzupassen. Die Lücke soll ein sogenannter Revisionsmechanismus füllen - eine Art regelmäßiges Nachsitzen für die Staaten, um langfristig doch auf das Zwei-Grad-Ziel zu kommen. Die Europäer wollen alle fünf Jahre Bilanz ziehen.
Finanzierung des Klimaschutzes: Wer soll das bezahlen?
Viele ärmere Staaten machen sich zwar für ehrgeizige Klimaziele stark, darunter auch das Schwellenland Indien. Die Staaten weisen aber darauf hin, dass sie finanzielle Unterstützung von den Industrieländern brauchen. Allein Indien schätzt seinen Bedarf auf knapp 2,5 Billionen Euro bis 2030.
Vor Jahren wurde von den Industrieländern versprochen, dass von 2020 an 100 Milliarden US-Dollar jährlich in die Entwicklungsländer fließen sollen. Das soll helfen, erneuerbare Energien zu entwickeln und mit den Folgen des Temperaturanstiegs klarzukommen. Doch noch ist die Summe nicht zusammen, und es herrscht Uneinigkeit, was alles dazugezählt werden darf. Außerdem verlangen die Entwicklungsländer Nachschläge für die Zeit danach. Die Industrieländer wollen aber künftig auch aufstrebende Schwellenländer zur Kasse bitten.
Industrieländer beharren darauf, dass das Geld eine Kombination von staatlichen und privaten Investitionen sein soll. Eine Reihe von Entwicklungsländern will aber, dass das gesamte Geld von staatlichen Stellen kommt.
Wer kommt für Verluste und Schäden auf?
Der Anstieg des Meeresspiegels und die immer stärkeren Stürme betreffen vor allem kleine Inseln und Küstenregionen, etwa in der Südsee. Die USA und andere Länder erkennen an, dass man diesen Gebieten helfen muss. Aber sie wehren sich dagegen, finanzielle Zusagen rechtsverbindlich zu machen. Dies würde aus ihrer Sicht den Boden für eine finanzielle Haftung oder gar Entschädigungen bereiten. Arme Länder drängen hingegen genau darauf. Das Thema dürfte in Paris nur angerissen werden und für die nächste Klimakonferenz liegenbleiben - zu tief sind die Gräben.