Der Kampf um die Ökostromförderung in Deutschland
Stand: 26.01.2011
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Berlin/Brüssel - Die Lage ist für Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) nicht die angenehmste. Da hat er ausgehandelt, dass die üppigen Solarsubventionen bis Juli um bis zu 15 Prozent gekürzt werden sollen - doch selbst sein Beratergremium, der Sachverständigenrat für Umweltfragen, hält das für zu wenig. An der Börse konnten die Kurse der Solarfirmen nach der Einigung ein Plus verzeichnen, in der Union macht derweil Fraktionsvize Michael Fuchs mobil gegen die Kürzung, die von der Solarlobby selbst vorgeschlagen wurde. Denn die Kosten für die Stromverbraucher laufen aus dem Ruder: 2011 kostet sie die Ökoförderung 13,5 Milliarden Euro.
Die Förderung der zu schnell wachsenden und vergleichsweise teuren Photovoltaik müsse gedeckelt werden, sagte Umweltratsmitglied Karin Holm-Müller am Mittwoch in Berlin mit Blick auf ein Gutachten für Röttgen, das Wege für eine 100-prozentige Ökostromversorgung bis 2050 aufzeigt. Denn die Solarsubventionen fressen fast 40 Prozent der Förderkosten, Sonne erzeugt aber nur 10 Prozent des Ökostroms. Die Windkraft-Förderung sei der bessere Weg, betonen die Berater.
"Sommerschlussverkauf" von Solaranlagen
Da Röttgen die Monate März bis Mai als Bemessungsgrundlage nimmt, wie stark die Solarförderung im Juli gekürzt wird, erwarten Experten im Juni nach Bekanntgabe der Kürzungshöhe eine Art Sommerschlussverkauf für neue Anlagen. Mit einem Deckel von etwa 1000 Megawatt könnten die Kosten im Griff gehalten und der Zubau gesteuert werden, argumentieren die Sachverständigen.
Die Förderung ist auf 20 Jahre festgeschrieben, das beschert dem Verbraucher höhere Lasten, je mehr Anlagen ans Netz gehen. Wer 2009 seine Anlage auf dem Dach angeschlossen hat, kann bei einer möglichen Jahresproduktion von 12.000 Kilowattstunden so bis zu 103.220 Euro Förderung bekommen. Die satten Renditen für den Hausbesitzer werden auch vom Hartz-IV-Bezieher über die Stromrechnung mitbezahlt.
In der grünen Stromwirtschaft, wo bereits 340.000 Jobs entstanden sind, ist man zunehmend beunruhigt. Die Debatte um die Solarförderung drohe die ganze Branche in Misskredit zu bringen, heißt es. Die Energiekonzerne, die wegen des Einspeisevorrangs für Sonnen- und Windstrom zunehmend weniger Strom in Atom- und Kohlekraftwerken produzieren können, nutzen die Stimmung geschickt aus.
Viel zu tun für Lobbyisten
"Die Solarlobby ist mit weitem Abstand die beste Lobby, die wir in Deutschland haben", meint RWE-Vorstand Leonhard Birnbaum. Dem "Tagesspiegel" sagte er zudem, dass die von der Regierung bis 2030 angestrebten 25 Gigawatt aus Meer-Windanlagen kaum zu schaffen sein: "Wir können froh sein, wenn wir fünf Gigawatt schaffen".
RWE, E.ON und Co. wissen, dass die Bundesregierung bisher die üppige nationale Ökostromförderung nicht infrage stellt. Besonders Röttgen vertritt hier derzeit Positionen, die fast deckungsgleich mit denen der Grünen sind. Nur Korrekturen und Kürzungen sind denkbar. Deshalb beackern die Lobbyisten der Konzerne das Feld in Brüssel.
Subventionen werden Thema beim EU-Energiegipfel
Am 4. Februar kommen die 27 EU-Staaten dort zu einem Energiegipfel zusammen. Zusammen mit dem Bund der Deutschen Industrie (BDI), der das jüngste Energietreffen bei Kanzlerin Angela Merkel initiiert hat, trommeln sie für ein EU-weit einheitliches Fördersystem. Dies würde die deutschen Ökosubventionen ausbremsen. Aber: Da die Regierung hier nicht wackelt, dürfte der Plan vorerst scheitern.
Claude Turmes, Vizefraktionschef der Grünen im Europaparlament, ist dennoch besorgt. Er legt den Entwurf für die Gipfelerklärung auf den Tisch. Unter Punkt 10 steht, dass die Umsetzung der Richtlinie zum Ausbau der erneuerbaren Energien von stabilen Fördersystemen und Kooperationen gestützt werden soll. "Wir müssen da das Wort national noch reinbekommen", sagt der Luxemburger - sonst könne langfristig auch die deutsche Förderung ausgehebelt werden.