Conergy-Chef erwartet Ende des Solarbooms für kommendes Jahr
Stand: 05.10.2010
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Hamburg - Das Solarunternehmen Conergy rechnet für 2011 mit einem Ende des Solarbooms in Deutschland. Wegen der erheblichen Kürzung der Förderung werde die neuinstallierte Leistung auf vier Gigawatt sinken. Das mutmaßte der scheidende Conergy-Chef Dieter Ammer bei der Hauptversammlung am Dienstag. Für 2010 rechnet er noch mit einem Rekordzubau von bis zu sieben Gigawatt. Nach Ammers Meinung werde es frühestens 2013 in Deutschland, dem bislang mit Abstand größten Photovoltaikmarkt der Welt, wieder aufwärts gehen.
Trotzdem hält es der Vorstandschef weiterhin für möglich, dass Conergy im kommenden Jahr Umsatz und operativen Gewinn steigern kann. Dabei werde die TecDax-Gesellschaft von ihrer starken Stellung im Ausland profitieren. Schon jetzt mache das Unternehmen fast die Hälfte des Umsatzes außerhalb von Deutschland. "Das lässt uns die planlose und inkonsistente Energiepolitik Deutschlands weit besser auspendeln", sagte Ammer.
Nach dem Geschäftseinbruch im vergangenen Jahr rechnet Conergy in diesem Jahr mit einem Umsatzwachstum. Operativ will das lange um seine Existenz kämpfende Unternehmen erstmals seit der Fast-Pleite 2007 wieder ein positives Ergebnis ausweisen. Prognostiziert wird ein EBITDA-Gewinn von 30 bis 40 Millionen Euro.
Entscheidend für die Zukunft von Conergy sind aber weitere Verhandlungen mit den Banken. Diese hatten dem Unternehmen zwar Ende Juli nach monatelangen Verhandlungen einen Kreditvertrag bis Ende 2011 verlängert. Voraussetzung für die Gültigkeit des neuen Vertrages ist aber, dass sich Conergy im Anschluss an diesen Kredit weiter finanzieren kann. Eine unabhängige Prüfungsgesellschaft soll nun herausfinden, wie wahrscheinlich dies ist. Die Wirtschaftsprüfer sollen ihr Gutachten Ende November vorlegen.
Sollten die Experten zu dem Ergebnis kommen, dass eine weitere Finanzierung nur mit einer Stärkung des Eigenkapitals möglich sein dürfte, könnte der Kredit schon am 21. Dezember dieses Jahres auslaufen. Conergy strebt für diesen Fall ein Konzept zur Umwandlung von Schulden in Eigenkapital um. Dazu hätten die beteiligten Banken ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, heißt es im Geschäftsbericht.
In die nächsten Wochen will Conergy mit einer Doppelspitze gehen. Nach der Hauptversammlung sollen vorübergehend Finanzvorstand Sebastian Biedenkopf und Vertriebsvorstand Andreas Wilsdorf die Geschäfte leiten, sagte Aufsichtsratschef Norbert Schmelzle. Das Kontrollgremium will mit dieser Lösung Zeit gewinnen, um einen dauerhaften Vorstandschef zu finden. "Wir stehen bereits mit verschiedenen Kandidaten im Gespräch und gehen davon aus, diese Suche in absehbarer Zeit erfolgreich abzuschließen", sagte Schmelzle.
Bei der Hauptversammlung wollte sich der bisherige Vorstandschef Dieter Ammer in den Aufsichtsrat wählen lassen. Ursprünglich sollte der frühere Infineon-Manager Andreas von Zitzewitz Nachfolger werden. Der einstige Hoffnungsträger hatte das Unternehmen nach Differenzen in der Chefetage aber Ende August überraschend verlassen.
Ammer hatte das Ruder bei Conergy Ende 2007 übernommen, als das Unternehmen kurz vor der Pleite stand. Er leitete einen harten Restrukturierungskurs ein. Ammer, der Conergy selbst 1999 gegründet hatte, trennte sich von zahlreichen Geschäftsfeldern und konzentrierte das Unternehmen auf das Solargeschäft. Anfang des Jahres war es ihm nach monatelangen Auseinandersetzungen gelungen, den für das Unternehmen existenzbedrohenden Langzeitvertrag mit seinem Lieferanten MEMC neu zu verhandeln. Im zweiten Quartal erwirtschaftete Conergy erstmals seit Jahren auch unter dem Strich wieder einen Gewinn.