Chaos in Moskau: 800 Millionen Euro Schaden durch Stromausfall
Stand: 26.05.2005
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Moskau (dpa) - Die russische Hauptstadt Moskau muss noch lange an den Schäden durch den schwersten Stromausfall in ihrer Geschichte tragen. Allein der wirtschaftliche Verlust betrug nach ersten Schätzungen über 800 Millionen Euro. Am Donnerstag normalisierte sich die Lage in der russischen Hauptstadt wieder, während Techniker das am Vortag zusammengebrochene Elektrizitätsnetz flickten. Nach Angaben der Stadtverwaltung waren fünf Millionen Menschen betroffen.
Am Mittwoch hatten sich in der russischen Hauptstadt Szenen wie aus einem Katastrophenfilm mit hunderttausenden Statisten abgespielt. Jedes einzelne Problem sind die elf Millionen Einwohner gewöhnt - Staus, Ausfall der U-Bahn, Stromsperren oder feststeckende Lifte. Der Stromausfall vereinte all diese Übel: "Apokalypse" titelte die Zeitung "Gaseta". "Russland erhielt einen Elektroschock", schrieb das Blatt "Moskowski Komsomolez".
"Mein erster Gedanke war: Wieder ein Terroranschlag", berichtete Anatoli Sedin über den Moment, als seine U-Bahn ohne Strom stehen blieb. Trotzdem gab es keine Panik und keine Verletzen, als Zehntausende bei Notbeleuchtung aus den Tunneln und Bahnhöfen geführt wurden.
Der Börsenmakler Wladimir Djadin steckte mit seinem neuen Sofa und zwei Möbelträgern stundenlang im Fahrstuhl fest. "Wir haben 20 Runden Karten gespielt und dazu mit Feuerzeugen geleuchtet", berichtete er der Zeitung "Komsomolskaja Prawda".
In den Moskauer Lebensmittelgeschäften räumten die Verkäufer am Donnerstag tonnenweise verdorbene Lebensmittel aus den aufgetauten Kühlregalen. Grosse Fleischfabriken und Molkereien blieben zunächst geschlossen. In einer Hühnerfabrik verendeten 600 000 Hennen. Weil Pumpstationen und Klärwerke ausfielen, gelangten Abwässer ungeklärt in den Fluss Moskwa. Ökologen warnten, dass die Luftbelastung über der Norm liege, vor allem durch den Brand in einer Ölraffinerie.
Der Notfall habe Moskau und die südlich angrenzenden Regionen umgerechnet mehr als 800 Millionen Euro gekostet, rechnete die Wirtschaftszeitung "Wedomosti" vor. Die Verkäufer von Getränken oder Taxifahrer machten indes das Geschäft ihres Lebens. "Ich habe in vier Stunden 18 000 Rubel (510 Euro) verdient, zehn Mal mehr als sonst ", sagte der Fahrer Alexander Frolow.
Der Volkszorn über den Notfall richtete sich einhellig gegen Anatoli Tschubais, den Leiter des staatlichen Stromversorgers RAO EES. Der frühere Vize-Regierungschef ist seit der umstrittenen Privatisierung in den 1990er Jahren unbeliebt. Präsident Wladimir Putin warf Tschubais vor, RAO EES kümmere sich zu wenig um die Modernisierung des Stromnetzes. Der Staatsanwalt lud Tschubais zur Vernehmung vor. Im Parlament wurde sein Rücktritt gefordert.
Nachrichten zum Thema
- Nordamerika im Chaos: Blitz löst gigantischen Stromausfall aus
- USA: Schaden von über sechs Milliarden Dollar nach Blackout
- Energiestudie: Stromausfälle sind die grösste Sorge der Energieversorger
- Eine Million Menschen ohne Licht - Größter Stromausfall seit Jahrzehnten
- Schwerer Stromausfall in Moskau [Update]