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Castor-Transport nach Russland steht auf der Kippe

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Berlin - Der Transport von 18 Castor-Behältern mit DDR-Atommüll ins russische Majak könnte nach Absagen aus Hamburg und Bremen noch scheitern, da die Castoren mit dem Schiff transportiert werden sollen und nun erst noch ein Hafen gefunden werden muss. Umweltschützer drohen bereits mit massiven Protesten.

Die Regierung solle nicht versuchen, sich irgendwo einen kleinen Hafen auszusuchen und den Atommüll-Transport über eine "dunkle Mole" abzuwickeln, sagt Matthias Eickhoff. Egal, von wo der alte DDR-Atommüll nach Russland gehen soll, es werde massiven Protest geben, kündigt der Atomgegner vom Aktionsbündnis "Münsterland gegen Atomanlagen" am Mittwoch in Berlin an. Bisher stehen die Castor-Behälter noch im Zwischenlager im münsterländischen Ahaus.

Der Zielort, das russische Majak, soll noch stärker radioaktiv verstrahlt sein als Tschernobyl, wo es 1986 zum Gau gekommen war. Vor allem auch wegen des des Widerstands aus betroffenen Transit-Bundesländern wird es immer schwieriger, den womöglich noch in diesem Jahr geplanten Transport durchzuführen.

DDR-Atommüll soll nach Russland entsorgt werden

Die 18 Castor-Behälter mit 951 Brennelementen stammen aus dem früheren DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden und wurden 2005 nach Ahaus gebracht. Auf Intervention Sachsens sollen sie nach Majak gehen, weil die Brennelemente aus der früheren Sowjetunion stammen. Sachsen zahlt für den Transport etwa 35 Millionen Euro, die Bundesregierung könnte das Vorhaben aber noch unterbinden. In Gesprächen ist zu spüren, dass es hier ein Unbehagen gibt.

Für die Ausfuhr der Castoren wäre das Bundesamt für Ausfuhr und Wirtschaftskontrolle (Bafa) zuständig, die Erlaubnis dazu erteilt das Bundesumweltministerium (BMU). Das Haus von Minister Norbert Röttgen (CDU) betont, noch sei gar nicht über den Bafa-Antrag und damit über den Transport entschieden. Das Ministerium betont, dass zunächst die Sicherheit des Zielorts Majak unter die Lupe genommen werde. "Dabei wird sich das BMU auch von den örtlichen Verhältnissen ein Bild machen werden", sagt eine Sprecherin.

Da einige der Brennelemente älter als 50 Jahre alt sind, gilt wegen der Erschütterungen und Bremswirkungen ein Zugtransport angeblich als zu riskant. Wahrscheinlich ist daher die Variante, die Castoren per Lastwagen zu einem deutschen Hafen zu bringen. Doch der Kreis wird kleiner.

Klares "nein" aus Hamburg und Bremen

Hamburg und Bremen haben ihr Nein bekundet. Und Nordrhein-Westfalen will sich gegen einen Transport von Ahaus aus sperren. Als Hafen-Optionen bleiben noch Orte wie Wilhelmshaven (Niedersachsen), Kiel (Schleswig-Holstein) oder Rostock (Mecklenburg-Vorpommern).

In der Bundesregierung ist man verwundert über den Widerstand besonders aus Bremen und Hamburg. Schließlich hätten die Länder im regulären Beratungsverfahren keine Einwände geltend gemacht und erst jetzt nach der öffentlichen Diskussion ihre Absage deutlich gemacht.

Umweltschützer verweisen darauf, dass auch RWE und E.ON mittlerweile aus Sicherheitsgründen auf den Transport von abgereichertem Uran aus der Urananreicherungsanlage im nordrhein-westfälischen Gronau nach Russland verzichten.

Schlechtes Timing für die Regierung

Für die Regierung kommt die Debatte angesichts der längeren Atomlaufzeiten und des Castor-Widerstands in Gorleben zur Unzeit - auch wenn es sich um Müll aus Sachsen handelt. War doch mit Blick auf Gorleben von Regierungsseite betont worden, die Entsorgung von Atommüll in Deutschland sei Teil der nationalen Verantwortung. "Dieses Gerede erweist sich als hohles Gefasel", so Eickhoff.

Das Argument Sachsens, es handele sich um Brennelemente aus Sowjet-Produktion, hält Eickhoff für hanebüchen. Dann müsste Deutschland auch aus China oder Schweden radioaktive Brennelemente zurücknehmen, die im niedersächsischen Lingen produziert worden sind.

Die Regierung betont, zunächst werde die Sicherheit des Zielorts Majak unter die Lupe genommen, ein Transporttermin stehe noch nicht fest. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hatte am 23. September die am 21. Juli 2010 von der Nuclear Cargo + Service (NCS) beantragte Beförderung der Castor-Behälter auf deutschem Territorium genehmigt.

Grundlage für den Transport ist der zwischen den USA, Russland und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) geschlossene Vertrag über die Rückholung von Brennelementen aus Forschungsreaktoren, die einst von der Sowjetunion bestückt worden sind. Für die Ausfuhr ist das Bundesamt für Ausfuhr und Wirtschaftskontrolle zuständig.

Der russische Umweltschützer Wladimir Sliwjak sagt, es mache sehr wohl einen Unterschied, ob noch mehr Atommüll in das hochgradig verseuchte Majak kommt. Flüsse und Seen würden weiter kontaminiert, da der Müll nicht sicher gelagert werde. 5000 Menschen lebten rund um Majak. "Russland ist nicht Ihre Atommüllkippe", appellierte Sliwjak am Mittwoch an die Adresse von Sachsen, aber auch an Kanzlerin Angela Merkel und Umweltminister Norbert Röttgen (beide CDU).

Kein "Türöffner" für eine billige Entsorgung

Der Vorwurf von Umweltaktivisten, der Transport könnte ein "Türöffner" sein für eine billige Entsorgung deutschen Atommülls in Russland, dürfte sich aber als unbegründet erweisen. Eine geplante EU-Richtlinie sieht eine Entsorgung innerhalb der Europäischen Union vor - Deutschland könnte sich allenfalls mit anderen EU-Ländern beim Bau eines Endlagers zusammentun.