Castor-Transport nach Lubmin kommt nur langsam voran
Stand: 16.12.2010
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd
Magdeburg/Lubmin - Der Castor-Transport nach Lubmin, der im französischen Cadarache gestartet war, kommt langsamer voran als geplant. Die Fahrt durch Frankreich und mehrere Bundesländer in Westdeutschland verlief zügig. Dann kam es jedoch in der Nacht zu Donnerstag in Thüringen und Sachsen-Anhalt zu mehreren eingeplanten, aber auch unfreiwilligen Stopps. Der Zug soll im Verlauf des Donnerstags in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) ankommen.
Auf dem letzten Streckenabschnitt des Castor-Transportes nach Lubmin haben am Donnerstagmittag mehr als 250 Aktivisten die Gleise besetzt. In einer Senke, die zu beiden Seiten von zehn Meter hohen Abhängen gesäumt wird, belagerten sie etwa 40 Meter des Schienenstranges. An dieser Stelle werde es die Polizei schwer haben, die Castor-Gegner von den Gleisen zu räumen, sagte ein Sprecher des Anti-Atom-Bündnisses Nordost.
Die Atomkraftgegner hatten die Nacht in Camps und bei Mahnwachen in Brünzow, Kräpelin und Vierow verbracht, bevor sie sich am Donnerstag nach einem Sternmarsch bei Kräpelin trafen. Die Polizei verhinderte die Gleisbesetzung zunächst nicht. Mehrere Mannschaftswagen waren aber den Demonstrationszügen gefolgt.
Die Castor-Gegner richteten sich mit warmen Decken, Strohsäcken und heißen Getränken auf eine längere Wartezeit auf den Gleisen ein. Flaggen und Plakate wurden ausgerollt und Süßigkeiten verteilt. Aktivisten der Aktionsgemeinschaft Robin Wood waren zeitgleich in Stielow auf Bäume unmittelbar an der Bahnstrecke geklettert. Hier war die Polizei mit großem Aufgebot an Ort und Stelle und hatten zur Räumung aufgerufen.
Wegen heftiger Schneefälle in Westmecklenburg hatte der mit rund 2.500 Brennstäben beladene Zug sein Tempo drosseln müssen. Die Atomkraftgegner rechneten nun für den frühen Nachmittag mit der Ankunft des Atommüll-Zuges am stillgelegten Kernkraftwerk Lubmin.
Nächtliche Proteste
An den drei Standorten der Mahnwachen in Brünzow, Vierow und Kräpelin vor Lubmin hatten in der Nacht zum Donnerstag knapp 200 Demonstranten für einige Stunden campiert. Am frühen Morgen stießen weitere Gruppen zu den Aktivisten. Von den drei Standorten wollten sich die Demonstranten in mehreren Gruppen in Richtung der Bahnstrecke bewegen. Heißer Tee und Decken wurden verteilt, während sich die Aktivisten an Feuerstellen erwärmten. Auf welche Art sie die Gleise besetzen wollen, war noch unklar. Aufgrund der Verzögerungen des Castor-Transportes in Sachsen-Anhalt wurde auch der Startschuss für die Gleisspaziergänge der Demonstranten vor Lubmin immer wieder verschoben.
Der Zug war am Dienstagabend im französischen Aix-en-Provence zu seiner rund 1.500 Kilometer langen Fahrt gestartet. Nach 18 Stunden passierte der Transport am Mittwoch um 14.00 Uhr bei Saarbrücken die französisch-deutsche Grenze. Kurz vor der Grenze musste der Zug stoppen, weil auf dem Saarbrücker Güterbahnhof eine Bombe gefunden wurde. Im saarländischen Neunkirchen stoppte der Zug für einen Lokwechsel. Eine halbe Stunde später ging die Fahrt weitgehend störungsfrei weiter über Neustadt/Weinstraße und Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz sowie Mannheim in Baden-Württemberg. In mehreren Orten gab es Mahnwachen und Demonstrationen mit jeweils einigen Dutzend Teilnehmern.
Demonstranten und defekte Weiche stoppen den Zug
Am Mittwochabend rollte der Castor-Transport durch Hessen und Thüringen. Im hessischen Hünfeld wurde Begleitpersonal gewechselt, der Zug stand daher kurze Zeit planmäßig. Kurz vor Mitternacht musste der Zug in Ingersleben bei Erfurt für zwei Minuten stoppen. Rund 20 Demonstranten gelangten in Gleisnähe, Polizisten drängten sie daraufhin ab. Um 0.45 Uhr überquerte der Zug die Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt.
In Halle, wo schon am Mittwochabend rund 200 Menschen gegen die Atomfuhre protestiert hatten, sorgte eine defekte Weiche in der Nacht für einen halbstündigen Stopp. Zwischen Schönebeck und Magdeburg kam der Zug erneut zum Stehen. Bei Westerhüsen befanden sich mehrere Menschen an der Bahnstrecke, wodurch es erneut zu Verzögerungen kam. Der Zug fuhr daraufhin zunächst in Schrittgeschwindigkeit weiter.
Magdeburg erreichte der Zug gegen 4.40 Uhr. Dort wurden die Loks gewechselt sowie die Bremsen und Achsen der Wagen überprüft. Auch die Einsatzkräfte, die den Zug begleiten, seien in Magdeburg versorgt worden, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Der Zug fuhr aber erst rund zweieinhalb Stunden später wieder los.
Gelände um ehemaliges Kraftwerk abgeriegelt
Die Bundespolizei hat inzwischen das Gelände um das stillgelegte Kernkraftwerk bei Lubmin komplett abgeriegelt. Die am Kraftwerk und dem benachbarten atomaren Zwischenlager Nord vorbeiführende Straße sei für den öffentlichen Durchgangsverkehr gesperrt worden, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Nur Personen mit speziellen Genehmigungen könnten die Straßensperren passieren.
Eine Sondereinheit der Bundespolizei hatte bereits in der vergangenen Woche rund um den Sicherheitsbezirk einen etwa vier Kilometer langen Sperrzaun aus sogenanntem NATO-Draht und Absperrgittern errichtet. Zudem wurde an der Lubminer Bahnstation eine leistungsfähige Lichtanlage installiert.