Bundeswirtschaftsminister warnt vor überlasteten Stromnetzen
Stand: 24.01.2011
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Berlin - Das Risiko, dass in Deutschland der Strom ausfällt, wächst: Das Bundeswirtschaftsministerium befürchtet bereits in nicht allzu ferner Zukunft gravierende Störungen im deutschen Stromnetz. Grund dafür seien fehlende neue Überlandleitungen - unter anderem wegen des Widerstands der Bevölkerung, wie aus dem neuen Elektrizitätsbericht von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hervorgeht, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Auch die "Bild"-Zeitung berichtete in ihrer Samstagsausgabe darüber.
Das Netz sei schon jetzt zeitweise bis an seine Kapazitätsgrenzen ausgelastet. Werde der Netzausbau angesichts des starken Zuwachses bei den erneuerbaren Energien nicht beschleunigt, bedrohe dies die Sicherheit der Stromversorgung, heißt es in dem Bericht. Dem Gutachten liegen Ergebnisse zugrunde, die auf Untersuchungen im Zeitraum Juni 2009 bis März 2010 beruhen.
Bis 2015 sei keine Gefährdung der Versorgungssicherheit zu erwarten - sofern das Netz fristgerecht ausgebaut werde, heißt es in dem Bericht: "Das zeitliche Auseinanderlaufen des rasanten Zubaus von Erneuerbaren-Energien-Kapazitäten mit dem nur schleppend verlaufenden Ausbau der Stromnetze wird zunehmend zu strukturellen Problemen und Risiken für die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland führen, falls keine geeigneten Maßnahmen in der nahen Zukunft getroffen werden."
Die Stabilitätsgrenzen des elektrischen Systems seien "bereits heute punktuell zeitweise erreicht": Vor allem der Ausbau der Windenergie an Land und vor den Küsten erfordere neue und zusätzliche Stromleitungen. Sollte der Netzausbau nicht beschleunigt werden, bestehe in den kommenden Jahren die Gefahr, dass "das Sicherheitsniveau im Hinblick auf die Systemstabilität abgesenkt wird".
Die Folge könnten mehr Stromausfälle sein. Bislang sei die Versorgungszuverlässigkeit in Deutschland "sehr hoch". 2009 sei ein Verbraucher in Deutschland durchschnittlich 14,63 Minuten lang nicht mit Strom versorgt worden. Dieser Wert sei im europäischen Vergleich niedrig.
Schon im November 2010 kam die zweite Netzstudie der Deutschen Energieagentur (dena) zu dem Ergebnis, bis 2020 seien rund 3600 Kilometer an neuen Hochspannungsleitungen in Deutschland nötig, um die zunehmende Einspeisung der erneuerbaren Energien ins Netz zu bewältigen. Der Ausbau würde sechs Milliarden Euro kosten. 2005 war in der ersten dena-Studie ein neuer Leitungsbedarf von 850 Kilometern bis 2015 ermittelt worden. Dem Elektrizitätsbericht zufolge könnte der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion bis 2020 auf über 30 Prozent steigen.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kritisierte vor diesem Hintergrund die verlängerten Laufzeiten der Atomkraftwerke: "Schon heute müssen Windparks abgeschaltet werden, damit in alten Kohlekraftwerken CO2 und in alten Atomkraftwerken Atommüll produziert werden kann", sagte er.