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Bundesumweltminister Gabriel will Ländern Atomaufsicht entziehen

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Berlin - Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will den Bundesländern nach dem erneuten Störfall im Kernkraftwerk Krümmel die Aufsicht über die Atomkraftwerke entziehen. Gabriel sagte am Montag im ARD-"Morgenmagazin", dass der Bund eine Bundesaufsicht einführen solle, die wirklich alle 17 Atomkraftwerke umfasse. Das Gezerre zwischen Bund und Ländern gebe es nirgendwo auf der Welt. Es müsse eine einheitliche Atomverwaltung her. Zudem müsse nach der Bundestagswahl das Atomausstiegsgesetz verschärft werden, damit die acht ältesten Meiler tatsächlich abgeschaltet werden könnten.

Widerstand gegen die Pläne Gabriels kam umgehend. Der bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) sagte dem Bayerischen Rundfunk: "Mit welcher Art von Verwaltung könnte der Bund da entscheiden? Sigmar Gabriel mit seinem Büroleiter?" In den Ländern sei seit Jahrzehnten die Kompetenz für die Atomaufsicht erworben worden. "Dabei soll es auch bleiben." Mit Blick auf die bayerischen Atomkraftwerke sagte Söder, sie "sind sicher, wir haben da überhaupt keine Probleme".

Das Atomkraftwerk Krümmel bei Hamburg hatte sich am Wochenende selbsttätig abgeschaltet, als es wieder auf seine volle Leistung hochgefahren werden sollte. Es war nach zwei Jahren Stillstand erst vor zwei Wochen wieder ans Netz gegangen, aber nicht störungsfrei gelaufen. Ursache der neuen Abschaltung war ein Kurzschluss in einem Transformator. Gabriel will nach dem Störfall die Elektronik in allen deutschen Atommeilern untersuchen lassen. Zudem hatte sich der Streit zwischen dem Minister und dem niedersächsischen Umweltministerium über die Sicherheit von Atomkraftwerken bei Störfällen verschärft.

Gabriel verlangte in der ARD zudem, die Atomindustrie zur Sanierung der alten Atomendlager heranzuziehen. "Es kann nicht sein, dass der Steuerzahler vier, fünf, sechs Milliarden Euro zu bezahlen hat dafür, dass wir die Asse und Morsleben sanieren. Das müssen die selber bezahlen." Auf die Frage, ob der Störfall in Krümmel eine Steilvorlage für den Wahlkampf gewesen sei, sagte der Minister: "Ich hab' den Störfall nicht organisiert, sondern die Atomindustrie, die vorher behauptet hat, sowas kann nicht passieren." Zugleich betonte er, am 27. September werde bei der Bundestagswahl auch darüber entschieden, wie es mit dem Atomausstieg weitergehe.

Der Energiekonzern Vattenfall geriet wegen der Pannenserie in Krümmel verschärft in die Kritik. Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast sprach dem Konzern die Eignung ab, Atomkraftwerke zu betreiben. Dem Berliner "Tagesspiegel" (Montag) sagte sie: "Es zeugt von gefährlichem Dilettantismus, dass Vattenfall das AKW in nur zwei Wochen zweimal vom Netz nehmen muss." Bei der Bundestagswahl werde auch über die Zukunft der Kernenergie entschieden.

Auch Unionsfraktionsvize Katherina Reiche (CDU) verlangte lückenlose Aufklärung von dem Unternehmen. Gabriels Forderung nach einem Kurswechsel bei den AKW-Laufzeiten wies sie jedoch zurück. "Die Union bleibt bei ihrer Position - eine Laufzeitverkürzung der Kernkraftwerke steht auch mit Blick auf den Klimaschutz und eine stabile Energieversorgung nicht zur Diskussion", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung" (Montag).