Bundesländer lehnen feste Windstrom-Quoten ab
Stand: 16.10.2012
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Berlin - Die jüngst gestiegene EEG-Umlage erhöht den Druck auf die Politiker - Reformen sollen schnell kommen. Doch bei den Bundesländern stoßen feste Windstromquoten auf Widerstand. Eine rasche Kostenbremse ist damit unwahrscheinlich.
Bis auf das Saarland ist bisher kein Bundesland konkret bereit, über die von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) geforderten festen Zubauquoten für neue Windräder zu reden. Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den Energie- und Umweltministerien ergab, dass solche Vorgaben des Bundes fast überall auf Skepsis stoßen und weiterhin eigene Energieziele verfolgt werden sollen. Damit verdüstern sich die Chancen für eine rasche Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). 2013 müssen die Bürger über ihren Strompreis so viel wie nie zuvor für die Förderung zahlen.
Deckelung nach dem Vorbild der Solarförderung
Altmaier will mit einer Deckelung des Zubaus bei Windenergie und Biogasanlagen erreichen, dass die von den Bürgern über den Strompreis zu zahlenden Förderkosten stärker begrenzt werden. Vorbild ist die Einigung auf ein Auslaufen der Solarförderung bei einer installierten Leistung von 52.000 Megawatt, was der theoretischen Leistung von 35 Atomkraftwerken entspricht. Nur, dass die Sonne nicht immer scheint.
Das saarländische Energieministerium, das von dem SPD-Politiker Heiko Maas geführt wird, hält dieses Ansinnen für richtig: "Wir sind der Meinung, dass die Strompreisspirale gestoppt werden muss. Daher gehe an einer Deckelung kein Weg vorbei." Eine Erhöhung des Anteils regenerativer Ideen sei aber auch ohne Förderung möglich, da mittlerweile die Nachfrage da sei und der Markt eine eigene Dynamik habe. Das Saarland halte daher auch bei einer Deckelung an dem Ziel von 20 Prozent regenerativer Energien im Jahr 2020 fest.
Bundesländer lehnen festen Quoten ab
Das nordrhein-westfälische Umweltministerium warnte hingegen vor einer Deckelung: Der Anteil der Windenergie an der Stromerzeugung solle wie geplant an Rhein und Ruhr bis 2020 von vier auf 15 Prozent gesteigert werden.
"Thüringen ist zu keinen Abstrichen bereit", hieß es vom dortigen Wirtschaftsministerium. Die große Koalition in Erfurt plant bis 2020 einen Ökostrom-Anteil von 45 Prozent. Sachsen-Anhalt betonte, der Ökostrom-Anteil solle bis 2030 auf 52 Prozent steigen.
Schleswig-Holstein will bis zum Jahr 2022 seinen gesamten Strom nahezu zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Dann soll Windkraft an Land knapp 67 Prozent der Stromproduktion ausmachen. Umwelt-Staatssekretärin Ingrid Nestle (Grüne) betonte: "Feste Länderquoten wird Schleswig-Holstein nicht akzeptieren. Eine Deckelung für Windstrom vom Land lehnen wir entschieden ab." Wind an Land gerade aus dem Norden sei besonders effizient und kostengünstig. "Hier zu bremsen, wäre falsch und würde die Energiewende verteuern."
Auch das von SPD und CDU geführte Mecklenburg-Vorpommern betonte, es gebe "keinerlei Veranlassung Ausbauziele nach unten zu korrigieren". Generell gelte, dass die industriellen Kerne im Süden und Westen darauf angewiesen seien, vor Ort Erzeugungskapazitäten aus erneuerbaren Energien auszubauen. Da erneuerbare Energien aber nicht immer und nicht mit gleicher Intensität zur Verfügung stünden, müsse zusätzlich Strom aus dem windreicheren Norden zur Verfügung stehen.
Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ließ erklären: "Diese Frage stellt sich in Baden-Württemberg überhaupt nicht. Wie das Beispiel Windkraft zeigt, haben wir hier vielmehr einen erheblichen Nachholbedarf". Derzeit betrage der Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung nur knapp ein Prozent. "Unser 10-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2020 bedeutet, dass wir bis dahin ungefähr so viele Windkraftanlagen in Baden-Württemberg haben wollen, wie es im ungefähr halb so großen Rheinland-Pfalz heute schon der Fall ist", betonte das Ministerium.
Hessen teilte mit, am Ziel von 100 Prozent erneuerbaren Energien bis 2050 festhalten zu wollen - aber den Ökoenergie-Ausbau mit dem Netzausbau eng zu verzahnen.
Grundlegende Reform der Ökostrom-Förderung gefordert
Zugleich sehen auch die Bundesländer einen wachsenden Druck für eine grundlegende Reform der Ökostrom-Förderung, damit die Energiewende nicht die Akzeptanz der Bürger verliert. Das FDP-geführte Wirtschaftsministerium in Bayern forderte Altmaier wie die Bundes-FDP zu einem ganz neuen System als Alternative zum EEG auf.
"Das jetzige EEG mit Einspeisevorrang und gesetzlichen Einspeisevergütungen muss abgeschafft werden", sagte Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Nötig sei ein marktwirtschaftlicher Förderansatz, der nicht mehr "die teuersten und ineffizientesten Technologien" bevorzuge. Anstelle staatlich garantierter Festpreise für Strom aus erneuerbaren Energien über 20 Jahre sollten die Energieversorger dazu verpflichtet werden, eine bestimmte Menge ihres Stroms aus erneuerbaren Energien zu decken - "ohne Festlegung auf eine bestimmte Technologie und ohne gesetzliche Preisvorteile".
Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) forderte, dass das System der Umlagefinanzierung durch die Bürger ersetzt werde durch eine Finanzierung der Energiewende über Steuern, um untere Einkommensschichten vor zu hohen Strompreisen zu schützen. Das gegenwärtige Finanzierungssystem über den Strompreis sei nicht transparent und finde immer weniger Akzeptanz. "Das bringt wirtschaftliche und soziale Ungleichgewichte bei der Finanzierung der Energiewende mit sich."