Bundeskartellamt findet keine Beweise für Strompreismanipulation
Stand: 13.01.2011
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Bonn/Berlin - Bei seiner Untersuchung des Stromgroßhandels konnte das Bundeskartellamt keine Belege für Manipulationen der Strompreise durch die großen deutschen Energiekonzerne finden. Eine "systematische und gravierende Zurückhaltung von Erzeugungskapazitäten" mit dem Ziel, Stromlieferungen zu verteuern, habe sich nicht nachweisen lassen. Dies erklärte der Präsident der Aufsichtsbehörde, Andreas Mundt, am Donnerstag in Bonn.
Ein Freibrief für die Stromkonzerne ist das Ergebnis der Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts nach seinen Worten aber nicht. Die Behörde sieht weiteren Klärungsbedarf und hofft hier auf die von der Bundesregierung angekündigte Markttransparenzstelle. "Eine effektive Missbrauchsaufsicht ist auch nach wie vor dringend erforderlich", sagte Mundt. Denn die Stromkonzerne hätten "den Anreiz und die Möglichkeit", den Strompreis in ihrem Sinne zu beeinflussen. Schließlich würden 80 Prozent des deutschen Stroms nur von vier Unternehmen erzeugt: RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW.
Im Rahmen der "Sektoruntersuchung Stromgroßhandel" hatte das Bundeskartellamt fast die gesamte Stromproduktion der Jahre 2007 und 2008 in Deutschland auf Anzeichen für Preismanipulationen überprüft. Kontrolliert wurden 80 Unternehmen und 340 Kraftwerksblöcke. Dies entspricht rund 95 Prozent der deutschen Stromproduktion. Insgesamt verarbeiteten die Wettbewerbshüter über 300 Millionen Daten.
Mundt baut auf Markttransparenzstelle
Das Ergebnis: Zwar entdeckten die Kontrolleure einige Kraftwerksstillstände, die ihnen verdächtig vorkamen. Doch war ihr Anteil mit weniger als 0,5 Prozent der Kraftwerksleistung so gering, dass diese Vorfälle nach Auffassung der Behörde nicht den Vorwurf einer systematischen und missbräuchlichen Kraftwerkszurückhaltung stützen.
Gewisse Zweifel blieben aber den Kontrolleuren. So erscheint es für Mundt auffällig, dass durchschnittlich rund 25 Prozent der Erzeugungskapazitäten wegen technischer Restriktionen nicht verfügbar waren. Dies sei ein sehr hoher Anteil, sagte der Behördenchef. Es sei nicht auszuschließen, dass hier im Einzelfall technische Schwierigkeiten vorgeschoben worden seien. Doch lasse sich dies mit den der Behörde zur Verfügung stehenden Mitteln nicht überprüfen. Und auch bei der Kostenkalkulation der Kraftwerksbetreiber sehen die Wettbewerbshüter noch Klärungsbedarf. Die gelte etwa für die Frage, inwieweit die Unternehmen Risikoprämien einpreisen könnten.
Weitere Klärung in diesen Fragen erhofft sich das Kartellamt durch die von der Bundesregierung angekündigte Schaffung einer Markttransparenzstelle, die die Daten zum Kraftwerksbetrieb in Echtzeit prüfen soll. Mundt betonte, es scheine auch für die Zukunft geboten, das Angebotsverhalten an der Strombörse und die Kraftwerkseinsatzsteuerung einer effektiven Aufsicht durch die Wettbewerbsbehörden zu unterstellen. Denn derartige Kontrollen hätten einen "hohen Abschreckungseffekt" auf die Stromkonzerne, sagte Mundt.