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Brüssels Vorstoß gegen Konzerne und Russland soll Verbrauchern nutzen

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Brüssel (dpa) - Ein explosives Gemisch aus Gas und Strom hat die Brüsseler EU-Kommission zusammengerührt und am Mittwoch kalkuliert gezündet. Die Kommissare beschlossen ihr drittes Energiepaket. Das klingt harmlos. Doch der Brüsseler Gesetzesplan beschwört massive Konflikte mit der Energiebranche und mächtigen Lieferländern wie Russland herauf - alles zum Nutzen der europäischen Verbraucher, wie die Kommissare beteuern.

"Eine bessere Versorgung zu günstigeren Preisen" verspricht Energiekommissar Andris Piebalgs den Kunden. Das Zauberwort dafür heißt: mehr Wettbewerb. Wenn Strom- und Gasanbieter zugleich die großen Überlandleitungen und Pipelines besitzen, könnten sie unliebsamen Konkurrenten die Durchleitung verwehren. Deshalb, so meint die Brüsseler Behörde, müssen Energieerzeugung und Energietransport in unterschiedlichen Händen liegen.

Weil die betroffene Branche und Mitgliedstaaten wie Deutschland frühzeitig Protest anmeldeten, schlug die Kommission am Mittwoch auch eine Alternative zur gewünschten Zerschlagung der Konzerne vor: Es reiche, wenn die Unternehmen ihre Netze von unabhängigen Betreibern managen lassen. Dann müsse aber die staatliche Aufsicht verstärkt werden. Die Folge wäre eine "sehr große Regelungslast", warnte Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

Ohnehin sieht der Kommissionsvorschlag mehr Befugnisse für die nationalen Aufsichtsbehörden vor. Außerdem soll eine neue EU-Agentur den freien Fluss von Energie über Grenzen hinweg überwachen. Bisher werde zwischen den EU-Ländern noch zu wenig mit Energie gehandelt, klagt Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes.

Kräftig gewachsen sind hingegen die Lieferungen aus Ländern außerhalb der EU: Die Abhängigkeit der Europäer von fremden Energiequellen dürfte in absehbarer Zeit auf fast zwei Drittel ihres Verbrauchs steigen. Um den Einfluss ausländischer Lieferanten auf Europas Energiemärkten zu begrenzen, sollen die geplanten EU-Regeln zur Entflechtung auch für fremde Konzerne gelten.

"Die Gazprom-Klausel ist ausdrücklich keine Gazprom-Klausel", sagt ein Brüsseler Fachmann. Alle Investoren aus Nicht-EU-Ländern müssten die Trennung von Produktion und Netzbetrieb einhalten, wenn sie Leitungen in der EU übernehmen wollten. Doch das passt genau auf den russischen Energieriesen: "Gazprom könnte nach diesen Regeln kein Netzwerk in Europa kontrollieren", heißt es in der Kommission. Russland wäre zu einem gesonderten Abkommen gezwungen.

Zuerst müssen aber die Mitgliedstaaten und das Europa-Parlament dem Kommissionsplan zustimmen. Obwohl Frankreich bisher jeden Angriff auf seinen Energiekonzern EDF abgewehrt hat, hofft Kommissar Piebalgs auf einen Beschluss im Herbst 2008: "Ich habe jedenfalls keine Angst davor, diese Verhandlungen unter französischem Vorsitz abzuschließen." Andernfalls rückt das Ende der Amtszeit von Kommission und Parlament im Sommer 2009 gefährlich nahe.

Als Lockmittel setzt Piebalgs das Versprechen sinkender Preise ein. Seine Kollegin Kroes rechnet vor, dass deutsche Kunden zuletzt 31 Prozent mehr für ihren Strom bezahlten als Verbraucher in Großbritannien, wo Produktion und Transport von Elektrizität bereits getrennt sind. Offen ließen die Kommissare am Mittwoch allerdings die Frage, wo bei sinkenden Preisen der Anreiz für ein anderes erklärtes EU-Ziel bleibt: das Energiesparen.