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Börsenstromtarife werden Pflicht: Verbraucher profitieren nur selten 

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Heidelberg. Ab 2025 muss jeder Stromversorger in Deutschland mindestens einen dynamischen Stromtarif anbieten. Während vor einem Jahr noch kaum ein Grundversorger einen solchen Tarif im Angebot hatte, erfüllt ein Großteil der Anbieter vor Ablauf der Frist die neue Vorgabe. Das zeigt eine aktuelle Stichprobenanalyse des Vergleichsportals Verivox, das die Angebote der lokalen Grundversorger in den 50 größten deutschen Städten untersucht hat. Eine Fünfjahresanalyse zeigt allerdings: Für einen durchschnittlichen Haushalt lohnen sich solche Börsenstromtarife preislich bisher nicht.  

Mehrheit der Grundversorger bietet Börsenstromtarife an

Stromversorger mit mehr als 100.000 Kunden müssen schon heute mindestens einen dynamischen Tarif im Angebot haben. Ab 2025 sind dann alle Versorger gesetzlich dazu verpflichtet. Eine Stichprobe der 50 größten Städte Deutschlands zeigt, dass Grundversorger aktuell in 45 von 50 Städten einen dynamischen Stromtarif anbieten. Seit Herbst 2023 hat sich die Zahl der regionalen Angebote von dynamischen Stromtarifen damit verzehnfacht.

Allerdings werden die dynamischen Stromtarife von den regionalen Stromversorgern noch nicht stark beworben – teilweise sind sie nicht über die Webseite des Versorgers, sondern nur über Suchmaschinen auffindbar.

"Die Einführung dynamischer Stromtarife ist für die meisten regionalen Stromversorger eine reine Pflichtübung – nur wenige Haushalte verfügen bisher über einen dafür notwendigen Smart Meter und die Angebote sind stark erklärungsbedürftig", sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.

Durchschnittliche Haushalte profitieren nicht von Börsenstromtarifen

Die Preise von dynamischen Tarifen variieren stündlich – je nach Angebot und Nachfrage. Wer seinen Stromverbrauch flexibel anpasst, soll so dauerhaft bei der Stromrechnung sparen.

Im Vergleich zu herkömmlichen Stromtarifen schneiden dynamische Stromtarife preislich jedoch schlechter ab. Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre zahlten Verbraucher, die täglich 10 Prozent ihres Verbrauchs in die jeweils günstigste Stunde verlegten, durchschnittlich 34,64 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Im günstigsten Neukundenangebot waren es hingegen durchschnittlich nur 30,24 Cent/kWh (mit Bonus), bzw. 33 Cent/kWh (ohne Bonus). Börsenstromtarife waren also knapp 13 Prozent teurer als der günstigste fixe Tarif.

"In den letzten fünf Jahren war es unterm Strich vorteilhafter, regelmäßig seinen Energieanbieter zu wechseln als Strom in einem dynamischen Tarif zu beziehen. Zwar gab es immer wieder Phasen, in denen dynamische Tarife auch günstiger waren, allerdings unterliegen sie teilweise enormen Preisschwankungen. Dieses Kostenrisiko trägt nicht wie sonst der Versorger, sondern in vollem Umfang der Kunde", sagt Thorsten Storck.

"Für einen durchschnittlichen Haushalt lohnt sich der Aufwand, den alltäglichen Stromverbrauch von Wasch- oder Spülmaschine in die jeweils günstigste Zeit zu legen, derzeit selten. Wird regelmäßig ein E-Auto aufgeladen oder eine Wärmepumpe betrieben und ein smartes Energiemanagementsystem eingesetzt, kann sich das Bild aber drehen."

Haushalte tragen in der Regel das volle Preisrisiko

Zuletzt waren dynamische Tarife zwischen Oktober 2022 und Mai 2023 günstiger als klassische Neukundentarife. In nahezu allen anderen Monaten zeigte sich bei den dynamischen Tarifen kein Preisvorteil. Während der Energiekrise zahlten Kunden dieser Tarife hingegen ein Vielfaches. Einen Preisdeckel (50 Cent/kWh), der vor längerfristig stark ansteigenden Börsenstrompreisen schützt, gibt es nur bei einem Angebot eines örtlichen Stromversorgers in der Verivox-Stichprobe. Dort wird dann aber auch ein Minimalpreis festgelegt (15 Cent/kWh), so dass die Kunden von Zeiten niedriger Strombörsenpreise nur eingeschränkt profitieren können.

Die meisten dynamischen Stromtarife sind monatlich kündbar, so dass Kunden bei langfristigen Hochpreisphasen an der Strombörse notfalls wechseln können. In mindestens neun Städten hat der dynamische Stromtarif des örtlichen Versorgers allerdings eine Erstvertragslaufzeit von 12 Monaten, in mindestens zwei Fällen sind es sogar 24 Monate.

Methodik

Verivox hat die Internetauftritte der Grundversorger in den 50 größten Städten darauf untersucht, ob dynamische Stromtarife für intelligente Messsysteme angeboten werden. Tarife, die online nicht auffindbar sind, konnten entsprechend nicht berücksichtigt werden. Stichtag der Untersuchung war der 16.12.2024.

Die Preise eines dynamischen Tarifs basieren auf dem bundesweiten Durchschnitt der Fixkosten (Netzgebühren, Steuern, Umlagen und Abgaben) und einer zusätzlichen Gebühr des Stromversorgers (2 Cent/kWh und 60 Euro Grundpreis pro Jahr). Hinzu kommen die Day-ahead-Stundenpreise am Spotmarkt der EPEX und die Annahme, dass täglich jeweils 10 Prozent des Stromverbrauchs in die günstigste Stunde verlegt wurden. Der übrige Stromverbrauch wurde zum Tagesdurchschnittspreis (Baseload) abgerechnet.