Karlsruhe/Rendsburg (dpa) - Energieversorger müssen auch künftig
Strom aus Windkraftanlagen zu erhöhten Preisen abnehmen. Der
Bundesgerichtshof (BGH) erklärte am Mittwoch das rot-grüne Gesetz
über den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) für verfassungsgemäss.
Die dort geregelte Abnahmepflicht der Versorger verstosse weder gegen
die Berufsfreiheit noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch
nach der Liberalisierung des Strommarkts im Jahr 2000 hätten die
Versorger eine "besondere Verantwortung für eine ressourcen- und
umweltschonende Energieerzeugung".
Das Karlsruher Gericht wies damit die Revision der Schleswag AG
(Rendsburg) ab und gab drei Betreibern von Windkraftanlagen Recht,
die ihren Strom ins Schleswag-Netz einspeisen wollen. Als bundesweit
grösster Abnehmer von
Windenergie hatte die Schleswag geltend gemacht,
die Einspeisung von Strom aus mehr als 2200 Windkraftanlagen
übersteige ihre Kapazität. Sie sei nur noch ein "Windenergie-
Verteilungsunternehmen", hatte ihr Anwalt in der Verhandlung am 14.
Mai argumentiert. Nach dem
EEG aus dem Jahr 2000 - und zuvor nach dem
Stromeinspeisungsgesetz - müssen die Versorgungsunternehmen
Windenergie abnehmen und dafür deutlich mehr als den üblichen
Marktpreis zahlen. (Aktenzeichen: VIII ZR 160/02, 161/02 u. 322/02
vom 11. Juni 2003)
Nach den Worten der Richter sind den
Energieversorgern die aus der
Abnahmepflicht entstehenden Belastungen zumutbar. Dies gelte nach wie
vor, obwohl die gesetzlichen Grundlagen für die monopolartige
Stellung der Unternehmen weggefallen seien. Ihre Versorgungsnetze
seien zur Durchleitung des Stroms geeignet.
Das Argument der Schleswag, sie sei ungleich stärker belastet als
andere Unternehmen, entkräftete der VIII. Zivilsenat mit dem Hinweis
auf eine Klausel, wonach mit der Abnahmepflicht verbundene Mehrkosten
weitgehend auf alle Energieversorger umgelegt werden. Damit sei den
Interessen der Schleswag ausreichend Rechnung getragen.
Auch mit dem Rückgriff auf europäisches Recht hatte das
Unternehmen, das zu gut einem Drittel den Landkreisen in Schleswig-
Holstein gehört, keinen Erfolg. Der BGH schloss sich der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg an, wonach
die Abnahme- und Vergütungspflicht keine verbotene staatliche
Beihilfe darstellt.
Die Schleswag bedauerte die Entscheidung aus Karlsruhe. "Das
Urteil kann sich negativ auf die Versorgungszuverlässigkeit
auswirken", sagte Unternehmenssprecherin Esther Seemann in Rendsburg.
Es bestehe die Sorge, dass das Netz nicht mehr gesteuert und damit
überlastet werden könne, wenn alle
Windkraftanlagen einspeisen
dürften. Dies gefährde das Energiemanagement der Schleswag, betonte
Seemann.