Berlin (dpa) Trotz sinkender Gaspreise bleiben die Berliner Energiepreise auf hohem Niveau. Wie eine dpa-Umfrage unter Energieexperten ergab, werden Strom und Gas langfristig wieder teurer. Fehlender Wettbewerb, Preispolitik der Unternehmen und geringe Wechselbereitschaft der Verbraucher wurden als Gründe genannt. Die eingeleitete Marktliberalisierung sei in der Praxis kaum spürbar. Viele Befragte äußerten sich skeptisch, ob in absehbarer Zeit tatsächlicher Wettbewerb sinkende Preise ermögliche. Berliner Gasversorger hatten Mitte Februar angekündigt, die Preise zum 1. April 2007 um bis zu 6 Prozent zu senken.
Laut einem Sprecher des Energieunternehmens
Gasag werde der gesunkene Ölpreis an die Verbraucher weitergegeben. Der Erdgaspreis ist an den Erdölpreis angekoppelt. Allerdings wirken sich Schwankungen beim Erdöl erst nach einem halben Jahr auf den
Gaspreis aus. Da das Erdöl erst im Herbst 2007 billiger geworden sei, würden die Preise erst nach dem heizintensiven Winter gesenkt. Drei oder sechs Monate später würden die Verbraucherpreise erneut den Schwankungen auf dem Energiemarkt angepasst werden.
Energieexperten halten einen Anstieg der Strom- und Gaspreise für wahrscheinlich. "Die Senkung ist eine vorübergehende Erscheinung", sagt George Tsatsaronis, Dozent am Berliner Institut für Energietechnik und
Umweltschutz. Langfristig würden die Energiepreise wieder in die Höhe gehen. Neben der Rohstoffknappheit sei die Preispolitik der einzelnen Unternehmen verantwortlich. Nur wirklicher Wettbewerb könnte dem Verbraucher geringere Rechnungen bescheren. Bisher hätten sich einige Gas- und Stromkonzerne den deutschen Markt unter sich aufgeteilt.
Bernd Ruschinzik, Jurist bei der
Verbraucherzentrale Berlin, hält die Preissenkung der Gasag für unzureichend. In den vergangenen zwei Jahren sei Gasag-Gas 32 Prozent teurer geworden. Im bundesweiten Vergleich sei das Spitze. Schuld am letztjährigen Preisanstieg sei auch die Unternehmenspolitik gewesen, sagt Felix Matthes, Leiter des Ökoinstituts in Berlin. In den letzten Jahren hätten die Unternehmen steigende Öl- und Gaspreise überproportional an ihre Kunden weitergegeben.
Auch nach Meinung von Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, fällt die Preissenkung zu gering aus. Nur stärkerer Wettbewerb würde zu fallenden Preisen führen. Mitschuld für hohe Energierechnungen liege auch beim Verbraucher selbst. "Die Wechselbereitschaft bei den Verbrauchern ist gering", meint sie.
Eine Prognose für die Strompreise sei schwierig, sagt Verbraucherschützer Ruschinzik. Die Geschäftspolitik von Stromkonzernen sei besonders intransparent. In der Antwort von Olaf Weidner, Sprecher des Berliner Stromanbieters Vattenfall, lässt sich eine Tendenz nach oben erkennen: Bis Mitte des Jahres blieben die Preise "stabil". Danach schließt er einen Preisanstieg nicht aus.
Ruschinzik hält vom derzeitigen Wettbewerb auf dem Energiemarkt wenig. Zwar hätte das Unternehmen Gasag mit Nuon und Klickgas seit Herbst letzten Jahres Konkurrenz bekommen, doch liegen die Tarife der Anbieter nah beieinander. Einen Vorschlag zum
Stromsparen hat er dann doch: Statt auf günstige Tarife zu hoffen, sollten die Verbraucher in moderne Gasgeräte und neue Fenster investieren.