Belgischer Uralt-Reaktor steht wieder still: Unmut steigt weiter
Stand: 24.02.2016
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Brüssel - Der Streit um das Atomkraftwerk Tihange im belgischen Lüttich gewinnt an Schärfe. Nach einer weiteren Abschaltung am Dienstag wird mehr Klarheit gefordert. "Wir brauchen Sicherheit in Fragen der Sicherheit", sagte der Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Oliver Paasch, nach einem Treffen mit Innenminister Jan Jambon in Brüssel.
Internationale Experten müssten den Reaktor Tihange 2 überprüfen, forderte Paasch. "Solange Zweifel an der Sicherheit bestehen, darf ein solcher Reaktor nicht ans Netz." Tihange 2 war wegen Haarrissen am Reaktorbehälter lange abgeschaltet gewesen. Er wurde Mitte Dezember wieder hochgefahren. Das Kraftwerk ist nur 70 Kilometer von Aachen entfernt.
Gespräche dauern an
An dem Gespräch nahmen mehrere Vertreter der Europaregion Euregio Maas-Rhein (EMR) teil, zu der auch die Städteregion Aachen gehört. Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist neben der französischen und der flämischen Gemeinschaft einer der Gliedstaaten Belgiens. Sie umfasst neun Gemeinden an den Grenzen zu Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg.
Wegen eines Zwischenfalls wurde am Dienstag der älteste Reaktor des Kraftwerks, Tihange 1, vom Netz genommen. An einer Pumpe habe es Auffälligkeiten gegeben, berichtete die Nachrichtenagentur Belga. Tihange 1 sei deshalb abgeschaltet worden, um Kontrollen durchzuführen. Nach drei Wochen könne der Reaktor wieder hochgefahren werden. Im Dezember war die Anlage nach einem Feuer kurzzeitig vom Netz.
Misstrauen ist groß
In der Grenzregion gebe es nach wie vor große Ängste und Sorgen bei der Bevölkerung, sagte Paasch. "Das muss ernst genommen werden." Seine Gemeinschaft setze auf den Dialog mit der belgischen Regierung.
An der Klage der Städteregion Aachen werde man sich deshalb nicht beteiligen. "Das sind sich ergänzende Möglichkeiten." Die Städteregion will die Wiederinbetriebnahme von Tihange 2 gerichtlich überprüfen lassen und hat vor dem höchsten belgischen Verwaltungsgericht Klage eingereicht.
Vertreter der Grenzregion fordern vor allem Transparenz. "Über Risiken wird nicht gesprochen", kritisierte Wolfgang Renneberg. Der Experte von der Universität Wien berät die Städteregion Aachen.Bestehende Risiken müssten klar benannt und erklärt werden. "Nur dann wird das Misstrauen in der Bevölkerung schwinden", sagte der Experte.