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Bald wieder Castor-Transporte ins Zwischenlager Nord bei Lubmin

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Lubmin - Im Zwischenlager Nord nahe Lubmin lagert Atommüll aus ehemaligen DDR-Kernkraftwerken, so wie es geplant war. Mitte Dezember wird jedoch hochradioaktiver Atomschrott aus Westdeutschland dazukommen. Die Landespolitik in Mecklenburg-Vorpommern ist nur Zaungast - und mäßig begeistert.

Das Atom-Zwischenlager Nord bei Lubmin sieht von außen aus wie die Produktionshalle einer Metallbaufirma. Wären da nicht Sperranlagen wie im Hochsicherheitstrakt einer Haftanstalt. Ein massiver Sicherheitszaun umgibt das Areal, ein Wachmann mit Schäferhund dreht seine Runde. Zahllose Überwachungskameras fangen jede Bewegung ein. Weiße Kugeln sprießen wie futuristische Designerlampen aus dem Rasen. Es sind Strahlenmessgeräte, wie Marlies Philipp von den Energiewerken Nord (EWN) als Betreiber der Anlage erklärt. Besucher sind eher selten hier.

Das für 240 Millionen Euro errichtete Zwischenlager ist hochsensibles Terrain. In den Hallen, zusammen größer und länger als zwei WM-taugliche Fußballfelder, liegt der verstrahlte Atomschrott aus den abgewrackten DDR-Kernkraftwerken. 5500 Brennelemente, das sind rund 600.000 Kernbrennstäbe, lagern hier. Dazu sechs Reaktorbehälter aus Lubmin und Rheinsberg und jede Menge schwach- und mittelradioaktiver Abfall. Dafür wurde der Betrieb 1999 genehmigt.

Voraussichtlich am 16. Dezember - bestätigen will den Termin niemand - soll nun neuer Atommüll dazukommen. Erstmals werden dann Kernbrennstoffe aus westdeutschen Forschungsanlagen in Karlsruhe - derzeit noch deponiert im französischen Cadarache - an die Ostsee gebracht und dort eingelagert. Genehmigt hat das der Bund, alleiniger Gesellschafter der EWN. Landespolitiker in Schwerin sehen darin einen Tabubruch, stehen aber hilflos als Zaungast daneben.

Atomkraftgegner erwarten den Transport für die Tage vom 21. bis 23. Dezember und kündigten schon "Aktionen in Lubmin, Greifswald und ganz Mecklenburg-Vorpommern" an. Für den 18. Dezember sei als Auftakt eine Großdemonstration in Greifswald geplant. Wie bei den jüngsten Massenprotesten im Wendland solle es auch Schienenblockaden geben.

Er sei "nicht glücklich" darüber, dass das Land die Transporte hinnehmen müsse, sagt der zuständige Innenminister Lorenz Caffier (CDU). Dem Land stünden jedoch keine Rechtsmittel zur Verfügung. Linke-Fraktionschef Helmut Holter fordert vom Land statt bedauernder Worte Taten: "Die Landesregierung muss sich konsequent den Verfassungsklagen gegen den Atom-Deal zur Laufzeiten-Verlängerung anschließen." Ansonsten sei ein Ende der Produktion des hochgiftigen Abfalls nicht abzusehen - und wo der lande, entscheide der Bund, sagt Holter. Umweltminister Till Backhaus (SPD) duckt sich weg und verweist auf die Zuständigkeit des Innenministeriums. Am Mittwoch befasst sich der Landtag in Schwerin in einer Aktuellen Stunde mit dem Thema.

Wer in die mit 70 Zentimeter dickem Stahlbeton gesicherte Halle des Zwischenlagers will, muss sich strengen Sicherheitskontrollen unterziehen. Nur mit Magnetkarte, Dosimeter und weißem Schutzoverall öffnen sich die Türen. Die erlaubte Tages-Strahlendosis für Besucher beträgt 50 Mikrosievert. "Das entspricht einem Transatlantikflug nach New York", erläutert Philipp. Doch das Unbehagen bleibt. Radioaktive Strahlung ist eine unsichtbare Gefahr.

Der Weg führt in die Querhalle, die von zwei Gleispaaren durchzogen ist. Hier wird im Dezember der aus Frankreich kommende Zug entladen. Der sensibelste Bereich, die Halle 8 mit den schon eingelagerten Castorbehältern, ist abgetrennt mit einem riesigen Rolltor. Aufgereiht in Sechser-Blöcken stehen sie dort, die 65 blauen, vier Meter hohen Stahlgefäße, in deren Innerem das Uran noch Jahrtausende zerfallen wird.

15 Stellplätze sind noch frei. Die Oberfläche der Stahlkolosse ist gerippt, um die Wärme besser abzuleiten. Sensoren überwachen den Innendruck. Kleinste Veränderungen würden auf Störungen hinweisen und das Alarmsystem in der Überwachungszentrale in Gang setzen. "Eine Störmeldung hatten wir noch nie", versichert EWN-Sprecherin Philipp.
Die Daten werden auch an die Internationale Atomenergiebehörde in Wien weitergeleitet.

Kritiker halten die Lagerung der Castoren im Zwischenlager Nord vor allem deshalb für riskant, weil es im Ernstfall dort keine "heiße Zelle" gibt, in der ein Castor umgeladen werden könne. "Sollte es zur Beschädigung von Gefäßen kommen, gibt es keine Möglichkeit, die Castoren an einem ausreichend abgeschirmten Raum zu isolieren und gegebenenfalls Beschädigungen zu beheben", sagt Grünen-Landesgeschäftsführer Ulrich Söffker. Die EWN haben solche Bedenken nicht und verweisen unter anderem auf das Zweideckeldrucksystem der Behälter. Wenn ein Castor undicht werden sollte, gebe es mehrere Sicherheitsbarrieren, sagt Philipp. Auch die Zwischenlager in Gorleben und Ahaus hätten keine "heiße Zelle".