Atommülllager Schacht Konrad droht Verzögerung um fünf Jahre
Stand: 23.09.2010
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Berlin/Salzgitter - Bei der Entsorgung von Atommüll muss sich die Bundesregierung wahrscheinlich mit einem herben Rückschlag abfinden. Die Inbetriebnahme von Schacht Konrad, dem dringend benötigten neuen Lager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll, könnte sich um fünf Jahre verschieben, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) habe das Umweltministerium darüber informiert, dass das Atommülllager in Niedersachsen nicht wie vorgesehen im Jahr 2014, sondern womöglich erst 2019 betriebsbereit sein könnte. Der Grund dafür sind Bauverzögerungen.
Schacht Konrad soll bis zu 303.000 Kubikmeter Abfälle aus Kernkraftwerken und Forschungseinrichtungen aufnehmen. Die für den Bau zuständige Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe (DBE) hatte zuvor nach dpa-Informationen darauf aufmerksam gemacht, dass es zu Bauverzögerungen kommen würde. Auch die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstag) berichtete über entsprechende Verzögerungen.
Die DBE ist ein Tochterunternehmen der deutschen Energiekonzerne. Mit der Verzögerung könnte das Lager in dem ehemaligen Eisenerzbergwerk bei Salzgitter wesentlich teurer werden als die bisher veranschlagten 1,6 Milliarden Euro. Zudem drohen Mehrkosten, weil der schwach- und mittelradioaktive Abfall weiterhin bei den Atomkraftwerken und in anderen Lagern zwischengelagert werden müsste.
Ein BfS-Sprecher betonte auf Anfrage: "Die in diesem Jahr gemeldeten Zeitverzögerungen lassen sich nicht allein durch objektive Gründe wie etwa falsche Annahmen, die fast 20 Jahre alt sind, erklären". Das BfS erwarte, dass die Beteiligten alle Möglichkeiten zur schnelleren Errichtung des Endlagers nutzen würden.
Die Planungen für Schacht Konrad wurden schon Anfang der 1980er Jahre aufgenommen, ursprünglich sollte dieses bisher einzige genehmigte Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll in Deutschland schon längst fertig sein.
Für die Bundesregierung ist die Verzögerung eine weitere Hiobsbotschaft. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte stets betont, für schwach- und mittelradioaktive Abfälle gebe es mit Schacht Konrad eine Lösung, die in wenigen Jahren betriebsbereit sei. Röttgen will nun mit Nachdruck die Endlagersuche vorantreiben. Am 1. Oktober wird die Erkundung Gorlebens wieder aufgenommen. Als ultima ratio sollen auch Enteignungen möglich sein.
Zudem gibt es Irritationen zwischen Ministerium und BfS. Am Mittwoch hatte das Umweltministerium Versuche, dem BfS die Befugnis für die Genehmigung von Privatisierungen bei Atomlagern zu entziehen, auf Intervention des Kanzleramtes gestoppt.
Ein entsprechender Passus, der die Entscheidung über Privatisierungen dem Ministerium übertragen hätte, soll nun nicht in das neue Atomgesetz aufgenommen werden, in dem auch die im Schnitt 12 Jahre längeren Atomlaufzeiten geregelt werden.
Die Opposition sprach von einer geplanten Entmachtung von BfS-Chef Wolfram König. Er ist Grünen-Mitglied und Kritiker längerer Atomlaufzeiten. Die Regierung will diese um durchschnittlich zwölf Jahre verlängern.
Grünen-Chefin Claudia Roth sagte, wenn die Atomindustrie für ein Endlager verantwortlich wäre, würde "der Bock zum Gärtner gemacht". Denn das Interesse der Atomindustrie sei, "möglichst schnell und preiswert möglichst viel Atommüll zu verbuddeln".