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Atomaufsicht kritisiert enges Zeitfenster bei AKW-Überprüfung

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa | AFP

Berlin - Die schleswig-holsteinische Atomaufsicht hat vor der Übergabe ihres Abschlussberichts den knappen Zeitrahmen bei der Überprüfung aller 17 deutschen Kernkraftwerke kritisiert. Es müsse festgestellt werden, "dass in dem gewählten engen zeitlichen Rahmen viele Fragen von den Betreibern nicht mit der für eine atomaufsichtliche Bewertung erforderlichen Qualität beantworten werden konnten und erst recht keine atomaufsichtliche Bewertung möglich war." So heißt es in dem Schreiben an das Umweltministerium und den Vorsitzenden der Reaktorsicherheitskommission, Rudolf Wieland.

Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) will heute (Dienstag/1200) mit Wieland in Berlin die Ergebnisse der AKW-Überprüfung vorstellen. Der Bericht der Reaktorsicherheitskommission (RSK) hat großes Gewicht bei der Entscheidung der Regierung, welche Meiler für immer vom Netz müssen. In dem Schreiben des für die Atomaufsicht zuständigen Kieler Justizministeriums, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wird kritisiert, dass zu einer Reihe von Fragen nur Einschätzungen der Betreiber selbst "ohne die gewohnte Nachweistiefe" vorlägen. Eine Überprüfung der Aussagen sei kaum möglich.

Aus Sicht der Grünen wird damit deutlich, dass der Stresstest keine Grundlage für die Entscheidung über das sofortige und endgültige Abschalten der acht im Rahmen des Moratoriums stillstehenden AKW wird sein können. Das neue Atomgesetz, das die Restlaufzeiten der AKW festlegt, soll am 6. Juni vom Kabinett verabschiedet werden.

Nach dem Atomunfall im japanischen Fukushima hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für drei Monate die Stilllegung der sieben ältesten Anlagen verkündet. Zudem blieb das ohnehin nach Pannen abgeschaltete AKW Krümmel vom Netz. Seit April überprüften im Rahmen des Atommoratoriums rund 100 Experten im Auftrag der RSK die Anlagen und ihre Sicherheit im Katastrophenfall oder bei Terrorattacken.

Hintergrund: Die Reaktorsicherheitskommission

Die Reaktorsicherheitskommission (RSK) gibt es schon seit 1958. Sie ist ein ehrenamtliches Gremium, das das für Reaktoren zuständige Bundesministerium in Fragen der Sicherheit von Atomanlagen berät. Die Kommission besteht aus 16 Fachleuten, die für jeweils bis zu drei Jahre vom Ministerium berufen werden. Dabei sollen alle wichtigen Fachgebiete und "die gesamte Bandbreite der nach dem Stand von Wissenschaft und Technik vertretbaren Anschauungen" zur Atomenergie vertreten sein, heißt es auf der Homepage der Kommission zum Auswahlverfahren. Die Experten können aber nur Empfehlungen geben; Vorschriften machen oder Entscheidungen treffen sie nicht.

Derzeitiger Vorsitzender der Kommission ist der Geschäftsführer des Prüf- und Beratungsunternehmens TÜV Nord Systems, Rudolf Wieland. Zu den Mitgliedern gehören Vertreter der halbstaatlichen Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung. Hinzu kommen Mitarbeiter des AKW-Betreibers E.ON und des Nukleartechnik-Unternehmens Areva NP sowie der atomkritische Sachverständige Michael Sailer vom Darmstädter Öko-Institut, der der Kommission von 2002 bis 2006 vorsaß.

Aufgabe der RSK ist es, technische und wissenschaftliche Empfehlungen für das Umweltministerium zu erarbeiten. Je nach Thema befassen sich damit die Kommission als Ganzes oder Spezialausschüsse und Arbeitsgruppen, in der weitere Experten aus Atomwirtschaft, Behörden, Beratungsunternehmen und unabhängigen Einrichtungen versammelt sind.

Was mit ihren Empfehlungen geschieht, kann die RSK nicht beeinflussen. Die Entscheidung, ob diese zur Grundlage von Gesetzen oder Sicherheitsüberprüfungen gemacht werden, liegt bei der Politik. Die Berichte der Kommissionen werden aber unter anderem den für die Atomkraftwerksaufsicht zuständigen Kontrollbehörden der Länder übermittelt und zusätzlich im Internet veröffentlicht.