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Anti-Atom-Menschenkette: 50.000 demonstrieren in München

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd

München - Am Samstag haben mehrere Zehntausend Atomkraftgegner in München mit einer Menschenkette gegen die von der Bundesregierung geplante Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke protestiert. Während die Polizei die Teilnehmerzahl auf rund 25.000 schätzte, gingen die Organisatoren von 50.000 aus. Sie zeigten sich von der Beteiligung "überwältigt" und betonten, es habe sich um die größte Anti-Atom-Demonstration in Bayern seit dem Protest gegen die damals geplante Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf in den 80er Jahren gehandelt.

Die Kernkraftgegner bildeten eine zehn Kilometer lange Kette durch die bayerische Landeshauptstadt und schlossen so ein symbolisches "Band für erneuerbare Energien". Mit Trillerpfeifen und Plakaten brachten sie ihren Unmut über die Atompolitik von Bundes- und Landesregierung zum Ausdruck. Die bayerische Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause sagte: "Wir wollen diesen schmutzigen Atomdeal nicht und tun alles, um ihn zu verhindern." Die Pläne der schwarz-gelben Koalition in Berlin behinderten den Umstieg auf erneuerbare Energien. "Die solare Zukunft rückt in die Ferne", kritisierte Bause und forderte ein Abschalten aller Atomkraftwerke, zuallererst des Reaktors Isar 1.

Organisiert hatte die Großdemonstration die "Kettenreaktion Bayern", ein breites Bündnis von Bürgerinitiativen, Umweltverbänden, kirchlichen Gruppen und Parteien. Neben den Grünen gehörten auch SPD, Freie Wähler, Linkspartei und ödp dem Trägerkeis an. Die Menschenkette führte von der CSU-Parteizentrale quer durch die Stadt bis zum Bayerischen Umweltministerium. Sie ging auch an der Konzernzentrale des Energieunternehmens E.ON, an der Staatskanzlei und am Wirtschaftsministerium vorbei.

Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) sagte bei der Abschlusskundgebung am Odeonsplatz, mit der gesetzlichen Regelung eines Atomausstieges habe es bereits einen gesellschaftlichen Konsens gegeben. "Dass man wieder auf die Straße gehen muss, ist dem Wortbruch der Atomindustrie und der schwarz-gelben Regierung zu verdanken", kritisierte er. Ude warf der Koalition eine verantwortungslose Politik vor. Die Zukunft müsse den erneuerbaren Energien gehören, es dürfe keinen Rückfall in das Atomzeitalter geben.

Zeitgleich mit der Demonstration fand eine Solidaritätskundgebung vor der Deutschen Botschaft in Wien statt. Der oberösterreichische Landesrat Rudolf Anschober (Grüne) sagte in München: "Radioaktivität kennt keine Grenzen und der Widerstand kennt auch keine Grenzen." Er verwies auf eine neue Studie aus Österreich, in der die schnellstmögliche Stilllegung von Altreaktoren vom Typ Isar 1 wegen schwerwiegender Konstruktionsmängel gefordert wird.

Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, kritisierte, die Gier der Bänker sei schlimm, die Gier der Vorstände der Energiekonzerne sei aber viel schlimmer.
Die Politik dürfe nicht mehr die Gewinne der Konzerne nähren, sondern müsse Schaden vom Volk abwenden.

Die Atomkraftgegner waren nach Angaben der Organisatoren in über 60 Bussen und einem Sonderzug aus ganz Bayern, Deutschland und auch aus Österreich und der Schweiz angereist. Ein Sprecher der Polizei sagte, die Demonstration sei "sehr friedlich" verlaufen. Die Einsatzkräfte seien vor allem damit beschäftigt gewesen, sich um den Straßenverkehr zu kümmern. Zum Abschluss fand ein Open-Air-Konzert mit Musikern wie Hans Söllner, Haindling und den Biermösl Blosn statt.

Die Generalsekretärin der bayerischen SPD, Natascha Kohnen, betonte: "Das war eine klare Kampfansage an CSU, CDU und FDP: eine Verlängerung der Laufzeit von Schwarz-Gelb wird es angesichts dieser Politik nicht geben." Ministerpräsident Horst Seehofer und Gesundheitsminister Markus Söder (beide CSU) könne man nur raten, den Widerstand der Bevölkerung nicht zu unterschätzen. "Sie werden am Willen der Mehrheit nicht vorbeikommen."

Auch der Landesvorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, mahnte: "Wer dieses Zeichen nicht erkennt, ist bald weg vom Fenster, spätestens 2013". Die Demonstration habe eindeutig gezeigt, was die Gesellschaft wolle: "Weg von der Atomwirtschaft, hin zu erneuerbaren Energien." Niemand könne auf Dauer gegen die Mehrheit der Bevölkerung Politik machen.

Das Bundeskabinett hatte im September eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre beschlossen.