Altmaiers Stromspar-Offensive ruft Kritiker auf den Plan
Stand: 09.10.2012
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Berlin - Die Stromspar-Offensive von Bundesumweltminister Peter Altmaier hat für kritische Reaktionen gesorgt, nicht nur in der Opposition, sondern auch bei Verbänden, die in dem Vorstoß des Ministers ein Ablenkungsmanöver der Regierung sehen. Grünen-Fraktionschef Trittin titulierte die Initiative als reine Symbolpolitik.
"Was nützt es, wenn der Arbeitslosengeld-II-Bezieher lernt, wie er seine Energiekosten senken kann, wenn im gleichen Atemzug die Energieverschwendung woanders steuerlich begünstigt wird", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
"Herr Altmaier ist offensichtlich eher für symbolische Politik als dafür, eine tatsächliche Energieeinsparung auf den Weg zu bringen." Trittin betonte, Union und FDP trieben die Strompreise der Bürger, weil sie auch Hähnchenmäster und Rechenzentren von der Zahlung der Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien befreiten.
Altmaier hat für diesen Dienstag Vertreter von Wohlfahrtsverbänden, Kommunen und der Energiebranche sowie Verbraucherschützer zu einem runden Tisch eingeladen, um über eine Ausweitung kostenloser Energieberatungen zu sprechen. So sollen steigende Kosten durch die Energiewende aufgefangen werden. Am Mittag will der Minister über die Ergebnisse des runden Tisches informieren.
Birkner für Senkung der Stromsteuer
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, sagte dem Hamburger Abendblatt: "Es wäre naiv, die wachsende Armut durch steigende Energiekosten allein mit kostenlosen Energiespar-Beratungsangeboten lösen zu wollen." Die Energiekosten drohten ohne einen Ausgleich gerade für Hartz-IV-Bezieher zu explodieren. Niedersachsens Umweltminister Stefan Birkner (FDP) sagte dem Blatt, es gebe schon Energieberatungen ohne Ende. Man brauche eine kurzfristige Antwort auf die steigenden Strompreise. Birkner schlug eine Senkung der Stromsteuer vor.
Bisher gibt es kostenpflichtige Energieberatungen der Verbraucherzentralen und den Stromspar-Check der Caritas sowie des Bundesverbandes der Energie- und Klimaschutzagenturen. Dabei werden Langzeitarbeitslose zu Stromsparhelfern geschult, die gratis Energiesparartikel einbauen. Im Schnitt können den Projektträgern zufolge so rund 86 Euro Stromkosten pro Jahr gespart werden. Bisher gibt es dieses Angebot aber nur für Empfänger von Sozialleistungen.
Energieberatung soll Ökoumlage abfedern
Mit einer Ausweitung solcher Angebote soll der starke Anstieg der im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegten Umlage zur Förderung von Ökostrom aufgefangen werden. Erwartet wird, dass die auf den Strompreis aufgeschlagenen Förderkosten bei einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden von 125 auf bis zu 185 Euro pro Jahr steigen können. Da noch die Mehrwertsteuer dazu kommt, ist mit deutlich steigenden Strompreisen im kommenden Jahr zu rechnen. Die Umlage für 2013 wird am kommenden Montag offiziell bekanntgegeben.
Ein Grund für den Anstieg ist, dass Ausnahmen für energieintensive Betriebe bei der Umlage von den Verbrauchern mitgeschultert werden müssen. Trittin betonte, es gehe längst nicht mehr nur um die energieintensive Industrie. So würden auch Hähnchenmastunternehmen, Golfplätze und Rechenzentren begünstigt. "Rot-Grün hatte ursprünglich mal 400 Betriebe befreit. Unter Schwarz-Gelb ist das massiv ausgeweitet worden auf über 2000 Betriebe", kritisierte der frühere Umweltminister. "Das ist eine reine Subventioniererei geworden."
Führe man dies auf ein vernünftiges Maß zurück, würde die EEG-Umlage Mitte Oktober auch nicht von 3,6 auf über 5 Cent je Kilowattstunde steigen, sagte Trittin. "Das ist die erste und wichtigste Botschaft, die man bei einem Strompreisgipfel nennen muss." Wer für Stromsparen plädiere, der dürfe nicht durch solche Subventionen die Energieverschwendung in Rechenzentren und anderswo begünstigen: "Da muss man sich nicht wundern, wenn man die eigenen Stromsparziele nicht erreicht.