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Altmaier: Energiewende kann eine Billion Euro kosten

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Berlin - Angeblich findet Peter Altmaier nur Befürworter für seine Vorschläge zur Strompreisbegrenzung. "Große Unterstützung in der Fraktion für Konzept zur Strompreis-Bremse. Freue mich über Geschlossenheit und Zuspruch meiner Kollegen", lässt er bei Twitter wissen. Doch die bayerische Schwesterpartei der CDU will ein Herzstück der Altmaierschen Reform nicht mittragen, sie wehrt sich vehement gegen Förderkürzungen für bestehende Solaranlagen.

Und auch die Industrie macht mobil - jeder will seine Pfründe retten, somit wird das Feilschen um die Strompreisbegrenzung immer mehr zum Basar. Altmaier hat die Losung ausgegeben: Wer sich gegen einen seiner Vorschläge sperrt, muss neue Einnahmeoptionen nennen. Am Ende sollen 1,8 Milliarden Euro reinkommen, um die Ökostrom-Umlage bis Ende 2014 auf dem heutigen Niveau einzufrieren, danach soll sie jährlich nur noch um 2,5 Prozent steigen. So will Altmaier erreichen, dass ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden nicht über 1000 Euro für Strom zahlen muss, derzeit sind es 980 Euro.

Um seinen Vorschlägen Nachdruck zu verleihen, listet er nun im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Horrorzahlen auf: Die Kosten der Energiewende könnten sich auf eine Billion Euro summieren. Allein durch die Vorschläge von ihm und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) für eine Begrenzung der Stromkosten ließen sich aber Kosten von bis zu 300 Milliarden Euro vermeiden. Das klingt gewaltig, auf Nachfrage rechnet er am Mittwoch alle möglichen Effekte vor, die durch einen ungebremsten Zubau an Wind- und Solarparks entstehen könnten. Doch die Berechnungen zweifelt nicht nur die Opposition an.

Die Opposition verspottet Altmaier als Blaulicht-Minister

"Der Bundesumweltminister ist ein großer Alarmist, der ständig mit Blaulicht durch Berlin fährt und vor steigenden Strompreisen warnt", kritisiert SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Und Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn mäkelt: Erst habe die Regierung dafür gesorgt, dass Privathaushalte für Versicherungskonzerne und Golfplätze wegen der Ausweitung der Rabatte Stromkosten übernehmen. Und jetzt tue Altmaier so, als sei er der Retter in der Not, so Höhn.

Das Nennen exorbitant hoher Zahlen dürfte mit dem drohenden Zerfasern der Regierungspläne zusammenhängen. Die Debatte um eine Strompreisbremse - das Wort ist beste Politik-PR, so wie Benzinpreisbremse oder Mietenbremse - ist ein Lehrbeispiel, woran die Energiewende krankt: Jeder kämpft für seine Interessen - das von der Ethikkommission zum Atomausstieg geforderte Gemeinschaftswerk fehlt.

Jeder kämpft für seine Interessen

Beispiel Bayern: "Wir lehnen es ab, dass es einen Eingriff in die Bestandsanlagen gibt", sagt CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Altmaier will, dass Gelder für Bestandsanlagen einmalig um bis zu 1,5 Prozent gekürzt werden, um so 300 Millionen Euro einzunehmen. Zudem soll ein Gülle-Bonus für Biogasanlagen gestrichen werden. Mit dem Geld soll das Einfrieren der Ökostrom-Umlage finanziert werden. Aber in Bayern sind über 375 000 Solaranlagen installiert und mehr als 3650 Biogasanlagen. Da hier am 15. September gewählt wird, gilt es die Besitzer nicht zu vergrätzen.

Beispiel Unternehmensrabatte: Altmaier und Rösler wollen über 500 Millionen Euro einnehmen. Die SPD warnt vor einer Rasenmähermethode, aber man könne die Zahl begünstigter Unternehmen von 2000 auf die 400 wirklich energieintensive Firmen zurückfahren, sagt Oppermann. Die Regierungspläne könnten "über Wohl und Wehe eines energieintensiven Unternehmens am Standort Deutschland entscheiden", sagt Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie. Es könne nicht sein, dass Produzenten energiesparender Kühlschränke als Stromfresser am Pranger stehen. Die Rabatte seien zwingend nötig.
   
Beispiel Solarlobby: Rösler hat immer wieder die Solarförderung scharf kritisiert, nun sollen aber gerade hunderttausende Besitzer von Dachanlagen verschont bleiben. Erst sollte eine Mindestumlage für einen Eigenverbrauch des produzierten Stroms eingeführt werden. Denn in diesem Fall entfallen sie als Zahler der Ökostrom-Umlage, die anderen Bürger müssen mehr zahlen. Aber im Altmaier/Rösler-Papier heißt es: "Ausgenommen sind Anlagen mit einer Leistung von weniger als 2 Megawatt". Damit trifft diese Regelung vor allem große Solarparks - doch die nutzen den Strom nicht selbst, sondern vermarkten ihn. Daher droht hier eine Luftbuchung.

Strompreisbremse nur Wunschdenken?

Letztlich zeichnet sich ab, dass eine echte Strompreisbremse für Altmaier Wunschdenken bleiben kann. Und im Bundestagswahlkampf könnte es schwierig werden, dann den Schwarzen Peter einseitig Rot-Grün zuzuschieben. Denn letztlich hat die drastische Kehrtwende - nachdem Union und FDP erst die Laufzeiten der Atommeiler verlängert hatten - die aktuelle Kostenentwicklung der Energiewende mit beeinflusst.