AKW-Rückbau erfordert schnelle Endlager-Lösung
Stand: 28.06.2012
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Karlsruhe/Neckarwestheim - Der Rückbau der Atommeiler in Deutschland geht noch nicht wirklich schnell voran. Die Kühltürme des Kernkraftwerks Neckarwestheim I dürften zunächst die einzige Aktion in diesem Zusammenhang sein. Besser so: Denn ein Endlager für die radioaktiven Abfälle gibt es noch nicht.
Die Debatte über ein Atommüll-Endlager in Deutschland geht in eine neue Runde. Zum Start der Abbauarbeiten am baden-württembergischen Atomkraftwerk Neckarwestheim I forderte der Rückbauexperte Sascha Gentes von der Bundesregierung eine zügige Entscheidung bei der Suche nach einer endgültigen Lagerstätte für stark radioaktive Abfälle. "Es wird Zeit, dass die Politik in dieser Frage Fakten schafft", sagte der Professor am Institut für Technologie und Management im Baubetrieb des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) am Donnerstag der Nachrichtenagentur dapd.
Neue Zwischenlager sind keine Alternative
Zwei bis drei Prozent der Atomabfälle eines Reaktors seien so hoch radioaktiv, dass sie angesichts des Atomausstiegs in absehbarer Zeit in einem Endlager deponiert werden müssten, erläuterte Gentes. "Immer mehr Zwischenlager zu schaffen, ohne ein klares Konzept für ein Endlager zu haben, ist keine Alternative."
Außerdem sieht Gentes Unsicherheiten bei der Kalkulation der Kosten für den Abriss der abgeschalteten Atomkraftwerke. "Bisher wurde noch kein Leistungsreaktor bis zur grünen Wiese zurückgebaut." Ein Betrag von etwa einer halben Milliarde Euro je Kraftwerk ist seiner Ansicht nach realistisch.
Kühltürme sind nicht verstrahlt
Der baden-württembergische Energieversorger EnBW hat nach eigenen Angaben 5,4 Milliarden Euro für den Rückbau seiner fünf Atomkraftwerke veranschlagt. Ende Mai hat das Unternehmen mit dem Abriss der Kühltürme des Meilers Neckarwestheim I begonnen.
Der Abbau berge keine Gefahren, sagte der Professor: "Die Kühltürme kommen nicht mit radioaktiven Stoffen in Berührung. Sie sind also nicht kontaminiert." Wie die EnBW mitteilt, soll der Abriss der Kühltürme im Herbst abgeschlossen sein.
Brennelemente müssen jahrelang abkühlen
Die weiteren Schritte beim Rückbau des Atomkraftwerks werden aber deutlich länger dauern. Allein die Brennelemente müssten mehrere Jahre lang abkühlen, ehe die Arbeiten weitergehen könnten, erklärte der Experte. Insgesamt werde der Abriss von Neckarwestheim I etwa ein Jahrzehnt dauern.
Die EnBW bereitet derzeit außerdem den Abriss des Kernkraftwerks Philippsburg I vor. Die beiden Meiler gehören zu den acht deutschen Reaktoren, die nach dem Atomausstieg der Bundesregierung im August 2011 abgeschaltet worden waren. Die übrigen neun deutschen Meiler sollen bis zum Jahresende 2022 vom Netz gehen.