Abschaltung von Kohle- und Kernkraftwerken wegen Hitzewelle?
Stand: 13.07.2010
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Stuttgart/Brokdorf/Berlin - Die anhaltende Sommerhitze wird für Kohle- und Kernkraftwerke langsam zum Problem, unter anderem in Baden-Württemberg: Am Wochenende könnten die Flüsse Rhein und Neckar die kritische Wassertemperatur von 28 Grad erreichen. Falls das passiert, müssen Kohle- und Kernkraftwerke grundsätzlich vom Netz genommen werden. Dies soll verhindern, dass die Flüsse durch das Kühlwasser der Kraftwerke noch weiter aufgeheizt werden, so das Umweltministerium am Dienstag.
"Die Lage ist angespannt, aber noch nicht dramatisch. Die Situation könnte sich aber schon in den nächsten Tagen weiter zuspitzen", sagte Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner (CDU). Derzeit würden schon Wassertemperaturen über 25 Grad gemessen.
In dem warmen Wasser ist der Sauerstoffgehalt sehr niedrig. Dadurch drohe ein Fischsterben. Am vergangenen Wochenende sei am Neckar bereits an drei Staustufen der Durchfluss durch die Turbinen vermindert worden. Dadurch strömt mehr Wasser über die Wehre und nimmt dabei Sauerstoff aus der Luft auf. Anders als beim Jahrhundertsommer 2003, als nach wochenlanger Hitze die Kraftwerke entlang von Rhein und Neckar ihre Leistungen drosseln mussten, führten die Flüsse in diesem Jahr aber deutlich mehr Wasser, betonte das Ministerium.
Seit dem Sommer 2003 gebe es außerdem Krisenpläne. Um die Stabilität der Stromversorgung zu garantieren, könnten die Behörden zudem entscheiden, dass Kraftwerke in Ausnahmen doch am Netz bleiben.
Das Atomkraftwerk Brokdorf in Schleswig-Holstein hat am Montag wegen der Hitze für drei Stunden seine Leistung um 50 Megawatt drosseln müssen. Der Grund: Die Elbe hat in dieser Zeit die kritische Wassertemperatur von 23 Grad um ein Grad überschritten, sagte ein Sprecher des für die Atomaufsicht zuständigen Justizministeriums am Dienstag in Kiel. Um den Fluss durch das Kühlwasser nicht weiter aufzuheizen, muss die Leistung der Kraftwerke dann reduziert werden. Dies komme nicht regelmäßig, aber immer mal wieder vor, sagte der Sprecher weiter. Die beiden anderen schleswig- holsteinischen Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel sind wegen Pannen seit Sommer 2007 vom Netz.
In Niedersachsen gibt es laut Umweltministerium trotz Hitze keinerlei Leistungseinschränkungen in den drei Kernkraftanlagen Emsland, Grohnde und Unterweser. Alles laufe wie gehabt.
Trotz Sommerhitze rechnet der Energiekonzern RWE in Hessen derzeit nicht mit größeren Problemen beim Betrieb des Atomkraftwerks Biblis. Entscheidende Werte wie die Temperatur des Rheins sowie des ablaufenden Wassers bewegten sich noch im Rahmen, sagte ein Sprecher. Um die Grenzwerte einzuhalten, seien Anfang Juli die beiden Kühltürme in Betrieb genommen worden. Der Rhein bei Biblis sei bei einer Messung am Montagmorgen unter 26 Grad warm gewesen. Das Wasser, das das Atomkraftwerk in den Rhein leite, sei derzeit rund 32 Grad warm. Die Werte würden ständig überwacht, erklärte der Sprecher.