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Abgewürgter Ökostrom-Boom? Erneuerbare geraten unter Druck

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Hannover - Nach der Atom-Katastrophe von Fukushima hat das Geschäft mit Solar-, Wind- und Bioenergie kräftig angezogen, aber nun - ausgerechnet inmitten des Booms - geraten viele Anlagenbauer ins Straucheln. Denn zum einen drückt die Billigkonkurrenz aus Asien gewaltig die Preise, zum anderen sinken die Subventionen.

Die Zeit scheint reif für die Erneuerbaren - mehr denn je. Der beschleunigte Atomausstieg und die Gewinneinbrüche der mit alten Strukturen kämpfenden Energie-Platzhirsche E.ON und RWE eröffnen Herstellern von Solar-, Windkraft- und Biogasanlagen enorme Chancen. Doch das mittelfristige Aus der Nuklearindustrie in Deutschland sagt noch lange nichts über die globale Marktlage aus.

Billigkonkurrenz aus Fernost macht zu schaffen

Ganz im Gegenteil: Etlichen Anbietern stehen nach Jahren starken Wachstums große Probleme ins Haus, noch ehe die regenerativen Nischen richtig besetzt sind. Für die ersten sechs Monate meldeten viele Firmen Verluste. Zu schaffen machen ihnen Billigkonkurrenz aus Fernost und sinkende Subventionen in Deutschland und Südeuropa.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) glaubt, dass der Aufschwung noch in den Kinderschuhen steckt - schließlich habe die Politik den Beschluss zum Atomausstieg nach jahrelangem Hin und Her erst Ende Juni abgesegnet. "Langfristig bleibt der Trend für unsere Mitglieder vielversprechend", sagt Verbandssprecher Daniel Kluge. "Zu erwarten, dass sich die Energiewende schon jetzt in den Geschäftszahlen widerspiegelt - das wäre wirklich etwas verfrüht."

Folgen der gesenkten Einspeisevergütungen?

Vor der Neuformulierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hätten Investoren abgewartet. "Einige Hersteller bauten darum große Lagerbestände auf", erläutert Kluge. Doch die in regelmäßiger Folge gesenkten Einspeisevergütungen seien nicht der einzige Grund für die gemischten Halbjahresbilanzen. Hinzu komme der harte Wettbewerb.

Besonders arg trifft es einen früheren Star der Solarwirtschaft, Q-Cells. Die einstige Vorzeigefirma aus Bitterfeld (Sachsen-Anhalt) schrieb im zweiten Halbjahr 396 Millionen Euro Verlust - Ursache der "einmaligen Sondereffekte" sei vor allem der von Asien ausgehende Preissturz für Solarzellen. Mit der Verlagerung großer Teile der Produktion nach Malaysia will Firmenchef Nedim Cen gegensteuern. Die Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie (IG BCE) schäumt: Eine Abwanderung hoch subventionierter Jobs werfe dunkle Schatten auf die Branche und sei inakzeptabel, sagt IG BCE-Chef Michael Vassiliadis.

Chinesischer Solar-Riese Suntech im Kommen

Anderen Hightech-Schmieden ergeht es kaum besser. Das Hamburger Solarunternehmen Conergy rutschte zur Jahresmitte um 41 Millionen Euro in die roten Zahlen. Phoenix Solar blieb in der Verlustzone, der Modulbauer Solon verhandelt über längere Kredite. Bei Solarworld und Aceo Solar schmolzen die Erträge. Mit guten Zahlen überzeugten Centrotherm und SMA - doch nun will nach Medienberichten auch der chinesische Riese Suntech mehr Geld in Deutschland verdienen.

Die Windkraftindustrie hat ähnliche Probleme. Ausländische Rivalen treten bei der Planung von Windpark-Projekten immer häufiger zum Billigtarif an. Das bekommt auch Nordex zu spüren. Der Konzern aus Hamburg und Rostock kam Ende Juni auf einen Fehlbetrag von 4,1 Millionen Euro - Mitte 2010 hatte Vorstandschef Thomas Richterich unterm Strich noch mit 2,9 Millionen Euro im Plus gelegen. Um einen Jobabbau kommt Nordex nicht herum. Die Weltmarktpreise lägen um ein Fünftel unter dem Niveau von 2009, hieß es. Während der Cuxhavener Windpark-Entwickler PNE Wind weniger Gewinn verbuchte, konnte REpower als Tochter des indischen Suzlon-Konzerns zulegen.

Die Spreu trennt sich vom Weizen

"Die Vergütung beim Wind sinkt laut EEG nun um 1,5 statt bisher 1 Prozent", gibt BEE-Mann Kluge zu bedenken. Obwohl sich im Harz und anderen Mittelgebirgen Widerstand gegen neue Anlagen zusammenbraue, blieben die Aussichten gut. Das gelte auch für die Biogasbranche. Und Öko-Sprit wie Bioethanol sorgte beim Hersteller Cropenergies für einen guten Absatz - trotz der Debatte um den Biokraftstoff E10.

Dass sich die Spreu bald vom Weizen trennt, halten Branchenkenner jedoch für ausgemacht. "Der Wettbewerbsdruck wird noch größer", sagt auch Kluge - und erinnert daran, neben den Zugpferden Sonne, Wind und Gas andere erneuerbare Energieträger nicht aus dem Blick zu verlieren. "Wasserkraft und Geothermie haben eine Menge Potenzial."