Abgeschaltete Windräder: zu viel Strom, zu schwache Netze
Stand: 31.10.2011
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Hamburg - Das schwache deutsche Stromnetz hemmt die Effizienz der Windparks. Wie eine aktuelle Studie herausfand, stehen Windräder immer häufiger still. Grund ist nicht etwa extrem windiges Wetter, sondern die zunehmend überlasteten Stromnetze.
Der Umfang der zwangsweisen Drosselung habe sich von 2009 auf 2010 mindestens verdoppelt, zitierte die "Financial Times Deutschland" vom Montag aus der Untersuchung des Branchenverbandes Windenergie (BWE). Dabei seien beide Jahre eigentlich vergleichsweise windarm gewesen. Grund für die Zwangsstopps sei die zunehmende Überlastung der schwachen Stromnetze.
Abschaltungen erfolgen im Allgemeinen dann, wenn viel Wind weht und so viel Strom erzeugt wird, gleichzeitig die Nachfrage aber gering ist - beispielsweise nachts. Betroffen ist meistens Norddeutschland, wo besonders viele Windräder stehen. Der dort produzierte Strom kann dann häufig nicht in den Süden transportiert werden, da die Leitungen nicht über ausreichend Kapazitäten verfügen. 2010 wurden Windräder laut "FTD" 1085 Mal von den Stromnetz-Betreibern abgeschaltet, im Vorjahr seien es 285 Mal gewesen. Die Strommenge, die dadurch nicht im Stromnetz ankam, sei 2010 mindestens 50 und bis zu 69 Prozent höher gewesen als 2009.
Entschädigungen für die Betreiber
Die Besitzer der Windräder werden seit 2009 für dieses "Einspeisemanagement" entschädigt. Die Untersuchung durch Ecofys ergab jedoch, dass es Probleme bei der Entschädigung gibt. "Zum Teil wurden Abschaltungen 2010 in Rechnung gestellt, die bis heute nicht vergütet sind", sagte BWE-Präsident Hermann Albers der Nachrichtenagentur AFP. Die Zahl der von den Windanlagenbetreibern gemeldeten Abschaltungen sei sehr viel höher als die der Bundesnetzagentur vorliegenden Daten. "Wir haben den Eindruck, dass die Netzbetreiber die Agentur nicht über die Höhe der Abschaltungen informieren und damit ihre gesetzliche Pflicht nicht erfüllen", kritisierte Albers.
Die Bundesnetzagentur finanziert die Entschädigungen über die von den Verbrauchern zu zahlende EEG-Umlage, mit der die erneuerbaren Energien subventioniert werden. Dementsprechend muss sie von den Netzbetreibern über die Abschaltungen informiert werden. "Wir wollen einen schnelleren Vergütungsausgleich, etwa 14 Tage nach der Abschaltung und nicht erst ein Jahr später", forderte Albers. Das Verfahren für die Windmühlenbetreiber müsse "einfach und schlank" bleiben, da es für viele von ihnen schwer sei, die ständigen Abschaltungen zu recherchieren und Anträge auf Entschädigung zu stellen.
Der Anteil der Windenergie am Stromverbrauch stieg im ersten Halbjahr 2011 laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) auf 7,5 Prozent an. Zusammen erreichten die erneuerbaren Energien einen Anteil von mehr als 20 Prozent. Nach dem im März beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie will die Bundesregierung den Netzausbau vorantreiben. Dem stehen bisher lange Genehmigungsverfahren und Widerstand in der Bevölkerung gegen neue Strommasten entgegen.