Ausbau der Erneuerbaren Energien soll stark beschleunigt werden
Stand: 07.04.2022
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Deutschland soll seinen Strom bis 2035 weitgehend aus erneuerbaren Quellen beziehen. Das Bundeskabinett beschloss dazu am Mittwoch das so genannte Osterpaket Wirtschafts- und Klimaschutzministers Robert Habeckdes (Grüne). Es umfasst einen riesigen Katalog an Vorhaben zum Ausbau von Wind- und Sonnenenergie und der entsprechenden Infrastruktur. Der Koalitionspartner FDP kündigte allerdings schon Nachbesserungsbedarf für die Beratungen im Bundestag an.
Mehr Ökostrom in Deutschland
Bis 2030 sollen 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen kommen, bis 2035 sollen es fast 100 Prozent sein. Aktuell liegt Deutschland nach Branchenangaben bei 42 Prozent. Die FDP meldete erhebliche Zweifel an, dass das Ziel für 2035 erreicht werden könne. Fraktionschef Christian Dürr sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Hier wäre es wesentlich besser, das Ziel realistischer zu wählen, und stattdessen die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass das Ziel auch tatsächlich erreicht wird.» FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler sagte: «Ein klimaneutrales Stromsystem bis 2035 ist zwar wünschenswert, aber in Deutschland praktisch nicht zu erreichen.»
Mehr Windkraft and Land und auf See
Der Ausbau der Windenergie auf See trat in Deutschland in den vergangenen Jahren ziemlich auf der Stelle. Keine einzige Anlage ging 2021 zusätzlich ans Netz. Dabei will die Ampel-Koalition Offshore-Windparks massiv ausbauen: Deren Leistung soll von 7,8 Gigawatt (GW) auf mindestens 30/40/70 GW in den Jahren 2030/35/45 steigen. Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen gestrafft werden.
Auch beim Bau von Windrädern an Land soll es deutlich zügiger vorangehen, mit bis zu 10 GW pro Jahr. Ziel ist eine Kapazität von 115 GW bei Wind an Land 2030. Zum Vergleich: Ende 2021 lag sie bei 56,13 GW. Die wesentlichen Hemmnisse, wie zum Beispiel eine mangelnde Ausweisung von Flächen für Windparks, will Habeck im nächsten großen Gesetzespaket, dem «Sommerpaket», angehen. Geplant ist, dass zwei Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen reserviert werden.
Kräftiger Zuwachs bei Solarenergie
Bis 2030 soll die Leistung der installierten Solaranlagen auf 215 GW ansteigen, von zuletzt 59 GW. Dazu soll die jährliche Ausbaurate auf 22 GW wachsen. Zugebaut werden soll je zur Hälfte auf Dächern und Freiflächen. Die Vergütung für bestimmte Anlagen soll attraktiver werden, was schon fürs laufende Jahr geplant ist. Für Solaranlagen auf dem Boden sollen die Kriterien so geändert werden, dass mehr Flächen in Frage kommen, etwa am Rand von Äckern oder in Mooren.
Branchenverbände begrüßen den Ausbau, haben aber auch Kritik
Branchenverbände der Energiewirtschaft haben die Pläne von Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck für einen massiven Ausbau der Ökoenergien zwar begrüßt, fordern aber weiter reichende Schritte. Die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter, sprach am Mittwoch von einem «guten Aufschlag». Auch sie sieht Bedarf für Ergänzungen. So sei es gut, dass erneuerbare Energien eine Vorrangstellung gegenüber anderen Interessen bekommen sollen, weil dadurch Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt werden könnten. «Dass dabei jedoch Belange der Bundeswehr ausgenommen sind, ist problematisch», erklärte Peter. Wasserkraft solle schlechtergestellt werden, der im Kabinett verabschiedete Text sei «das Worst Case-Szenario». Die Möglichkeiten der Erdwärme würden völlig außer Acht gelassen.
Die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae, erkennt in dem Paket zwar «bedeutende Hebel» für einen Ausbau der erneuerbaren Energien und damit für mehr Klimaschutz und mehr Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten. «Unabdingbar ist aber auch ein effizienteres Planungs- und Genehmigungsrecht, das den Bau von Erneuerbare-Energien-Anlagen deutlich beschleunigt.» Dies sei aber leider erst für das nächste Gesetzespaket, das sogenannte Sommerpaket geplant. Hier brauche es mehr Tempo.
Mehr Anreize für Eigenverbraucher gefordert
Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) zeigte sich erfreut über die höheren Solarenergie-Ausbauziele. Dazu brauche es aber auch eine wirksame Umsetzung. So müssten etwa die Förderbedingungen für Betreiber von Solaranlagen, die den erzeugten Strom selbst nutzten, aber auch in das Netz einspeisten, verbessert werden. Dem Entwurf zufolge sollen diese für eingespeisten Solarstrom die gleichen Vergütungen bekommen wie bisher. Besser gestellt würden nur neue Betreiber, die den Solarstrom vom eigenen Dach vollständig ins öffentliche Stromnetz einspeisten und nicht anteilig selbst verbrauchten.
«Diese Rechnung geht nicht auf», warnte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Der anteilige Eigenverbrauch von Solarstrom zählt zu den wichtigsten Investitionsgründen von privaten und gewerblichen Verbrauchern zur Errichtung von Solardächern. Verbraucher und Unternehmen wollen Solarstrom vom eigenen Gebäudedach zum Beispiel für das Laden eines E-Autos oder den Betrieb einer Wärmepumpe anteilig selbst verbrauchen.» Die Eigen- und Direktversorgung mit Sonnenstrom müsse deutlich attraktiver werden.