Analyse: Mehr als 80 Prozent der Grundversorgungstarife teurer als die Preisbremse
Stand: 22.03.2023
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg. Die Preise im Energiegroßhandel sind seit Jahresbeginn deutlich gefallen. Viele Energieversorger bieten mittlerweile Strom- und Gastarife an, die unter den Preisgrenzen der staatlichen Preisbremsen für Strom und Gas liegen. Doch die meisten Grundversorgungstarife der örtlichen Versorger kommen nach wie vor nicht ohne staatliche Unterstützung aus. Über 80 Prozent der Stromtarife und über 90 Prozent der Gastarife der Grundversorgung werden noch von den Steuerzahlern subventioniert. Das hat eine Auswertung des Vergleichsportals Verivox ergeben.
82 Prozent der Strom-Grundversorgungstarife über dem Preisdeckel
Seit März werden Haushalte mit teuren Strom- und Gastarifen durch die staatlichen Preisbremsen entlastet.
Bei der Strompreisbremse wird der Arbeitspreis für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Der restliche Verbrauch wird zum Arbeitspreis des aktuellen Stromtarifs berechnet. Die jährliche Grundgebühr richtet sich ebenfalls nach dem aktuellen Tarif.
Von den 824 ausgewerteten Stromgrundversorgungstarifen hatten 676 noch einen Arbeitspreis über 40 Cent/kWh, das entspricht einer Quote von 82 Prozent. Im bundesweiten Durchschnitt kostet eine Kilowattstunde Strom im Grundversorgungstarif derzeit 44,4 Cent, die Grundgebühr liegt bei 148 Euro.
Der Arbeitspreis des günstigsten verfügbaren Stromtarifs mit empfehlenswerten Bedingungen liegt im Bundesschnitt aktuell bei rund 32 Cent pro Kilowattstunde – und damit deutlich unter dem staatlichen Preisdeckel. (An Grundgebühren werden durchschnittlich 153 Euro fällig.)
92 Prozent der Gas-Grundversorgungstarife brauchen die Preisbremse
Die Gaspreisbremse deckelt den Arbeitspreis für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf 12 Cent pro Kilowattstunde. Der darüber hinaus gehende Verbrauch wird zum Arbeitspreis des aktuellen Gastarifs abgerechnet, ebenso wie die jährlichen Grundgebühren.
Von den 712 analysierten Gasgrundversorgungstarifen wiesen 655 noch einen Arbeitspreis über 12 Cent/kWh aus, was einem Anteil von 92 Prozent entspricht. Der Bundesschnitt der Gasgrundversorgungstarife liegt aktuell bei 16,1 Cent pro Kilowattstunde, die Grundgebühr beträgt 153 Euro.
Der Arbeitspreis des günstigsten verfügbaren Gastarifs mit empfehlenswerten Bedingungen liegt aktuell bei 10,3 Cent pro Kilowattstunde – ebenfalls unterhalb des Preisdeckels. (Die Grundgebühr liegt im Schnitt bei 140 Euro.)
Hochrechnung: Subvention der Grundversorgungstarife kostet Milliarden
"Grundversorger haben in der Regel eine langfristige Beschaffungsstrategie. Daher gehörten sie zu Hochzeiten der Energiekrise zu den günstigsten Anbietern im Markt. Das Bild hat sich nun gedreht, sinkende Beschaffungskosten kommen vor allem bei Neukundentarifen überregionaler Versorger schneller an", sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.
Laut Bundesnetzagentur wurde 2021 mindestens ein Viertel der Strom- und Gaskunden im Rahmen der örtlichen Grundversorgung beliefert, im vergangenen Jahr dürfte dieser Anteil aufgrund der Energiekrise deutlich gestiegen sein.
Ein durchschnittlicher Grundversorgungskunde (Verbrauch 3.100 kWh Strom und 13.900 kWh Gas) wird mit rund 457 Euro beim Gas und 109 Euro beim Strom durch die Strom- und Gaspreisbremse entlastet. Die Subvention summiert sich für alle Grundversorgungskunden auf 3,3 Milliarden Euro.
"Fast überall in Deutschland gibt es derzeit Angebote für Neukunden, die deutlich unter den Preisgrenzen bei Strom und Gas liegen. Wer die Möglichkeit hat, aus seinem aktuellen teuren Tarif herauszukommen, kann die eigenen Kosten deutlich senken und die staatlichen Ausgaben für die Preisbremsen niedrig halten. Der Tarifwechsel kann bei Strom bis zu 500 Euro und bei Gas bis zu 600 Euro pro Jahr einsparen", sagt Thorsten Storck.
Methodik
Verivox hat die verfügbaren veröffentlichungspflichtigen Gas- und Strompreise für Bestandskunden der rund 700 örtlichen Gas- Grundversorger und der rund 800 örtlichen Strom-Grundversorger in Deutschland ausgewertet und mit den jeweils günstigsten verfügbaren Angeboten mit empfehlenswerten Bedingungen verglichen. Bereits angekündigte, aber noch nicht durchgeführte Preissenkungen von Grundversorgungstarifen wurden voll berücksichtigt. Die Verteilung der Haushaltskunden nach Tarifgruppen wird im jährlichen Monitoringbericht der Bundesnetzagentur dargelegt.