Rente: Kabinett bringt Ost-West-Angleichung auf den Weg
Stand: 17.02.2017
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Berlin - Rentner im Osten erhalten ab 2025 die gleiche Rente wie Arbeitsnehmer im Westen. Dafür müssen sie aber im Gegenzug ab diesem Zeitpunkt auf eine Höherbewertung ihrer Rentenansprüche verzichten. Zudem sollen Menschen, die etwa aufgrund eines Unfalls nicht mehr voll arbeiten können, von 2018 an eine höhere Erwerbsminderungsrente erhalten. Das Kabinett verabschiedete am Mittwoch in Berlin entsprechende Gesetzentwürfe von Sozialministerin Andrea Nahles (SPD). Es wird erwartet, dass beide Gesetzentwürfe noch vor der Bundestagswahl im September verabschiedet werden können.
Die Renten in Ost- und Westdeutschland sollen bis zum 1. Januar 2025 vollständig angeglichen werden. Die Anhebung auf das Westniveau soll 2018 beginnen und in sieben Schritten vollzogen werden. Im Gegenzug soll die höhere Bewertung der Löhne für die Rentenberechnung im Osten ebenfalls in sieben Schritten gesenkt werden.
Die jährlichen Kosten für die Angleichung sollen bei bis zu maximal 3,9 Milliarden Euro im Jahr 2025 liegen. Sie werden nach einem Kompromiss von Nahles mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aus Beitrags- und Steuermitteln finanziert. Dazu wird der Bundeszuschuss für die Rente erhöht - schrittweise auf bis zu zwei Milliarden Euro ab 2025.
Sachsen-Anhalt Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kritisierte, dass die Rentenangleichung "später als im Koalitionsvertrag ursprünglich vereinbart" erfolge. Die Abschmelzung des Höherwertungsfaktors für Berufstätige im Osten sei dagegen zu abrupt. Grundsätzlich begrüße er die Gesetzesinitiative aber.
Ost-Arbeitnehmer werden benachteiligt
Nahles räumte ein, dass Ost-Arbeitnehmer nach der Angleichung bei der Bewertung ihrer Renten benachteiligt würden. Das sei aber ein Problem des unterschiedlichen Lohnniveaus in Ost und West. Daher gelte es in den nächsten Jahren eine Strategie zu entwickeln, um die Löhne im Osten entsprechend anzupassen. Sie könne daher nicht verstehen, dass sich gerade Ost-Ministerpräsidenten gegen den von ihr durchgesetzten Mindestlohn gesperrt hätten.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund kritisierte, dass auch zur Finanzierung der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe Beitragszahler und Rentner herangezogen werden sollen. Die Rentenversicherung halte daher eine Nachbesserung an der Angleichung im weiteren Gesetzgebungsverfahren für notwendig.
Nach dem Gesetzentwurf zur Erwerbsminderungsrente sollen nur jene Menschen bessergestellt werden, die ab dem 1. Januar 2018 neu in eine Erwerbsminderungsrente gehen. Derzeit werden Betroffene bei der Rente so gestellt, als hätten sie bis zum 62. Lebensjahr weiter gearbeitet. Diese sogenannte Zurechnungszeit soll für künftige Erwerbsminderungsrentner stufenweise bis 2024 um drei Jahre auf 65 Jahre verlängert werden.
Berufsunfähigkeit wird oft mit Armutsrente bestraft
Die Anpassung koste 1,5 Milliarden Euro, sagte Nahles. Das soll keinen Einfluss auf die Beträge haben. Sie bedauerte, dass nach der üblichen Rentensystematik die Anhebung der Erwerbsminderungsrente nicht auch für jene 1,8 Millionen Betroffenen gilt, die schon in Rente sind. Gerade bei diesen Menschen sei das Risiko von Altersarmut besonders hoch.
Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA, Steffen Kampeter, erklärte: "Die Ost-West-Angleichung ist überfällig und ein wichtiger Schritt, um die deutsche Einheit zu vollenden. Auch die Lage von Menschen mit Erwerbsminderung zu verbessern, ist richtig." Beide Beschlüsse würden aber Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusätzlich belasten.
Der Sozialverband VdK kritisierte: "Wer aufgrund gesundheitlicher Probleme vorzeitig aus dem Beruf aussteigen muss, wird oft mit einer Armutsrente bestraft. Leider ändert sich durch die aktuell geplanten Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner kaum etwas an dieser Situation."