Wie hoch sind die Kosten für einen Anwalt?
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Anwaltskosten lassen sich vorab gut einschätzen. Dafür sorgt das transparente Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Doch juristischen Laien fehlt im deutschen Gesetzesdschungel oft der Überblick: Wie viel kostet eine Erstberatung? Was erwartet mich bei einem Vergleich? Wie teuer wird es, wenn ich vor Gericht verliere? Fragen, die jeder und jede gerne vorab wissen möchte, bevor er oder sie es mit einer juristischen Dienstleistung zu tun hat. Die Antworten finden Sie in diesem Artikel.
Das Wichtigste in Kürze
- Wie viel ein Anwalt verlangen darf, regelt das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (kurz RVG).
- Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, sollte sich vor dem Gang zum Anwalt eine Deckungszusage einholen.
- Die Höhe der Gebühren hängt auch davon ab, ob es sich um eine rechtliche Vertretung vor dem Zivilgericht, dem Verwaltungsgericht oder den Arbeitsgerichten handelt oder ob es sich um einen Strafprozess handelt.
- Eine Erstberatung darf in der Regel nicht mehr als 190 Euro plus Mehrwertsteuer kosten.
Anwaltskosten sind im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz festgelegt
Wie viel ein Anwalt oder eine Anwältin für eine rechtliche Dienstleistung verlangen darf, steht im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (kurz RVG). Seit dem 01. Juli 2004 ersetzt das RVG die bis dato gültige Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO). Ziel der Reform war es, für mehr Transparenz bei den entstehenden Anwaltskosten zu sorgen. Juristische Laien haben es seitdem leichter, vorab die Kosten ihres beauftragten Rechtsbeistandes zu kalkulieren und nachzuvollziehen.
Für Anwälte und Anwältinnen wurden außerdem außergerichtliche Streitbelegungen durch eine Gebührenanhebung lukrativer gemacht. Mandanten und Mandantinnen sowie die Gerichte wurden dadurch wiederum entlastet, da die Gerichtskosten für gerichtliche Verhandlungen – also die Alternative zu außergerichtlichen Streitbelegungen – weitaus höher ausfallen. Zuletzt brachte die Reform auch eine Senkung der Anwaltskosten bei einvernehmlichen Scheidungen einher.
Individueller Gebührensatz
Grundsätzlich können Anwälte mit ihren Mandanten individuelle Gebühren vereinbaren. Dann erfolgt die Rechnung nach einem festgelegten Stundensatz. Dieser sollte unbedingt schriftlich festgehalten werden. Für zivilrechtliche Tätigkeiten schätzt der Bayerische Anwaltverband die Kosten auf 180 bis 300 Euro pro Stunde. Im Strafrecht können die Stundensätze sehr variieren. Es kommt also immer auf den ganz persönlichen Fall an, wie teuer ein Anwalt wird.
Am sinnvollsten ist es daher, vor dem Erstgespräch mit der Anwältin oder dem Anwalt die Gebühren zu besprechen. Eine Erstberatung darf nicht mehr als 190 Euro plus Umsatzsteuer kosten. Eine Rechtsschutzversicherung kann auch diese Kosten übernehmen. Ob sie das wirklich tut, müssen Verbraucher aber mit ihrem Versicherer abklären - oder das Kleingedruckte im Vertrag nachlesen. Vor dem Gang zum Anwalt eine Deckungszusage einzuholen ist aber immer ratsam.
Soll der Anwalt bei der Beratung ein schriftliches Gutachten anfertigen, wird auch der Erstberatungstermin teurer. In den meisten Fällen wird aber der Erstberatungstermin ohne Gutachten auskommen. Sieht der Anwalt dies anders, muss er eine individuelle Vergütung vereinbaren.
Anwaltskosten: Mehr Gebühren durch Mindestrahmen möglich – aber auch weniger
Auch wenn Anwaltskosten grundsätzlich im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz festgelegt sind, dürfen Anwälte und Anwältinnen theoretisch mehr Gebühren für ihre rechtliche Dienstleistung verlangen als im Gesetz steht. Das RVG gibt also nur den Mindestrahmen für die Anwaltskosten vor. Werden Privatpersonen außergerichtlich vertreten, darf der Rechtsbeistand aber auch weniger berechnen.
Bei einer Beratungshilfe verzichten viele Anwälte und Anwältinnen auf ihre Vergütung. In diesem Fall handelt es sich um Sozialleistungen, die mit einem Beratungshilfeschein vom Amtsgericht beantragt werden können. Inkasso-Dienstleistungen, die außergerichtlich stattfinden, sind ebenfalls oft kostenlos.
Wie viel kostet ein Anwalt bzw. eine Anwältin?
In der Regel werden Anwaltskosten nach den folgenden Werten berechnet:
- Streitwert: Der Betrag, um den es im Rechtsstreit geht
- Gebühr: Der Betrag, der bei dem entsprechenden Streitwert anfällt. Bei einem Streitwert von 500 Euro fällt beispielsweise eine Gebühr von 49 Euro an.
- Anzahl der Gebühren: Der Betrag, den die Anwälte und Anwältinnen für ihre Dienstleistungen verlangen dürfen. Je nach Arbeitsaufwand dürfen sie halbe, ganze und zweifache Gebühren erheben.
- Postpauschale: Gebühren für Post- und Telefonkosten
- Mehrwertsteuer von 19 %
Durchschnittlich verlangen Anwälte und Anwältinnen eine 1,3-fache Gebühr. Mehr dürfen sie nur berechnen, wenn ihre Dienstleistungen besonders umfangreich ausfielen und den Mehraufwand nachweislich begründen können.
In Gerichtsverfahren kommt es je nach Prozessverlauf zu einer Verfahrensgebühr, Termingebühr und einer Einigungsgebühr.
Beispiel: Anwaltskosten bei einer Eigenbedarfskündigung
Bei einer Eigenbedarfskündigung könnten Ihre Anwaltskosten wie folgt ausfallen:
- Monatliche Nettokaltmiete: 800 Euro
- Gegenstandwert (Jahresmiete): 9.600 Euro
- Gebühr: 798,20 Euro (614 Euro x 1,3)
- Postpauschale: 20 Euro
- Mehrwertsteuer von 19 %: 155,46 Euro
- Anwaltskosten gesamt: 973,66 Euro
Anwaltskosten: Wie teuer ist ein Beratungsgespräch?
Bei einem Beratungsgespräch handelt es sich um eine außergerichtliche Auskunft. Hierfür sind die Anwaltskosten nach oben hin gedeckelt: Das erste Beratungsgespräch darf maximal 190 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer kosten. Inkludiert ist dann oft eine kurze Analyse Ihres Problems und eine Erörterung Ihrer rechtlichen Lage sowie über das weitere Vorgehen. Für alle weiteren Beratungssachen dürfen maximal 250 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer anfallen. Dazu gehören auch detailliertere Beratungen, die über die Leistungen der einfachen Erstberatung hinausgehen.
Für ein Gutachten zur Einschätzung Ihrer Rechtslage müssen Sie mit mindestens 250 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer rechnen. Manche Anwälte und Anwältinnen werben mit kostenlosen Erstberatungen – auch dies ist möglich.
Anwaltskosten vor Gericht: von Gericht zu Gericht unterschiedlich
Die Anwaltskosten vor Gericht hängen davon ab, ob es sich um eine rechtliche Vertretung vor dem Zivilgericht, dem Verwaltungsgericht oder den Arbeitsgerichten handelt. Bei Strafverfahren fallen ebenfalls andere Anwaltskosten an. Werden Sie zum Beispiel vor einem Zivilgericht vertreten, müssen Sie mit einer Verfahrensgebühr und einer Termingebühr rechnen.
Mündet Ihr Prozess in einen Vergleich, fallen zusätzliche Anwaltskosten in Form von einer Vergleichsgebühr an. Verlieren Sie vor Gericht, zahlen Sie nicht nur Ihre Anwaltskosten, sondern auch die Anwaltskosten Ihres Gegners. Eine Ausnahme gilt im Arbeitsgericht: Hier müssen Sie Ihre Anwältin bzw. Ihren Anwalt immer bezahlen, auch wenn Sie gewinnen.
Anwaltskosten mit einer Rechtsschutzversicherung
Mit einer Rechtsschutzversicherung klärt Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin direkt mit dem Versicherer, ob dieser die Anwaltskosten übernimmt. Zusätzlich ist es zu empfehlen, selbst Kontakt zum Versicherer aufzunehmen und sich eine Deckungszusage einzuholen. Dies sollte erfolgt sein, bevor Sie einen Anwalt oder eine Anwältin beauftragen. Dadurch stellen Sie sich, nicht doch auf den Anwaltskosten sitzen zu bleiben, falls Ihr Rechtsbeistand die Kontaktaufnahmen zur Versicherung nicht wahrgenommen hat.
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