Urlaub trotz Krankschreibung
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Kaum ein Thema beschäftigt Arbeitnehmer so sehr wie die Frage, ob Urlaub trotz Krankschreibung gemäß Arbeitsrecht möglich ist. Viele Menschen buchen ihren Sommerurlaub schon im Januar oder Februar, freuen sich dann ein halbes Jahr auf die schönsten Wochen des Jahres. Was aber, wenn zwei Tage vor dem Abflug der Hals kratzt, Schüttelfrost eintritt und der Arzt dann noch Bettruhe verordnet? Darf ein Arbeitnehmer trotzdem in Urlaub oder nicht?
Das Wichtigste in Kürze
- Arbeitnehmer dürfen auch trotz Krankschreibung in Urlaub fahren.
- Der Urlaub darf den Genesungsprozess jedoch nicht behindern.
- Es ist sinnvoll, den Urlaub vom Arzt als medizinisch vertretbar dokumentieren zu lassen.
- Für Urlaub während Krankengeldbezug muss eine Genehmigung der Krankenkasse vorliegen, um den Anspruch nicht zu verlieren.
Verreisen trotz Krankschreibung: Das muss man beachten
Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer, die krankgeschrieben sind, in Urlaub fahren. Das gilt für die großen Ferien genauso wie für einen Kurztrip bei Krankschreibung. Sie müssen aber einige Dinge beachten.
Zunächst gilt, dass Arbeitnehmer bei Krankschreibung nichts unternehmen sollen, was die Heilung verzögert. Bestätigt der Arzt, dass ein Urlaub trotz Krankschreibung medizinisch vertretbar oder gar sinnvoll ist, kann auch der Arbeitgeber den Urlaub nicht verbieten oder das Arbeitsverhältnis kündigen.
Sollte der Urlaub allerdings die Heilung verzögern, darf der Arbeitnehmer nicht verreisen. Ein Skiurlaub nach einer Bänderdehnung oder ein Wanderurlaub in den Alpen nach einem noch in der letzten Heilungsphase befindlichen Beinbruch wäre vermutlich ein Kündigungsgrund.
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Kündigung eines Arbeitnehmers, der aufgrund einer Hirnhautentzündung krankgeschrieben war, aber in Skiurlaub fuhr (BAG Urteil vom 2. März 2006 - AZ 2 AZR 53/05). Wer an einer Lungenentzündung leidet, darf ebenso wenig Fußball spielen wie an einer Wallfahrt teilnehmen.
Wird die Krankschreibung durch den Urlaub unterbrochen?
Den meisten Arbeitnehmern ist bekannt, dass eine Erkrankung im Urlaub sich auf die Zahl der offenen Urlaubstage auswirkt. Urlaubstage mit einer ärztlich bestätigten Erkrankung zählen nicht als Urlaub und können später nachgeholt werden. Wie verhält es sich aber im umgekehrten Fall: Wenn der Urlaub in die Phase der Krankschreibung fällt?
Die Krankschreibung wird durch den Urlaub nicht unterbrochen. Dies würde ja bedeuten, dass der Arbeitnehmer am Ende des Urlaubs, zwischenzeitlich wieder gesundet, weiterhin zu Hause bleibt, um die Krankschreibung nachzuholen.
Fährt der Arbeitnehmer, obwohl krankgeschrieben, nach Abstimmung mit dem Arbeitgeber in Urlaub, greift folgende Konstellation: Angenommen, der Arbeitnehmer hat drei Wochen Urlaub gebucht. Die Krankschreibung gilt noch für die ersten vier Urlaubstage. Diese vier Tage werden nicht vom Jahresurlaub abgezogen, sie stehen dem Arbeitnehmer zusätzlich zu.
Urlaub trotz Krankschreibung bei Depression
Depression als Volkskrankheit zu bezeichnen, ist längst keine Übertreibung mehr. Zwischen einem und zwei Prozent der Bevölkerung erkranken jährlich an dieser heimtückischen Krankheit. Für Arbeitnehmer, die von ihrem Arzt aufgrund einer Depression krankgeschrieben wurden, müssen im Zusammenhang mit einem Urlaub die gleichen Vorgaben berücksichtigen wie ein Grippekranker.
Es gilt im Einzelfall zu prüfen, ob die Reise einer Minderung des Krankheitsbildes förderlich ist oder die Depressionen eher verstärkt werden. Klassische Urlaube, Wandern in den Bergen oder ein Strandurlaub, dürften für den Patienten grundsätzlich eine positive Wirkung haben und sind daher durchaus empfehlenswert.
Urlaub trotz Krankschreibung nach sechs Wochen
Wer bis zu sechs Wochen krankgeschrieben ist, erhält nach wie vor vom Arbeitgeber das monatliche Gehalt. Übersteigt die Krankschreibung aber diese Frist, zahlt die Krankenkasse ab dem 43. Tag das Krankentagegeld.
Bei Bezug von Krankentagegeld ist es wichtig, ob der Urlaub in Deutschland oder im Ausland stattfindet.
Paragraf 16 Absatz 1 Satz 1 SGB V (fünftes Sozialgesetzbuch) besagt, dass Ansprüche auf Krankentagegeld ruhen, sofern sich der Begünstigte im Ausland aufhält. Diese Restriktion entfällt jedoch, wenn sich der Arbeitnehmer gemäß Paragraf 16, Absatz 4, SGB V die Zustimmung seiner Krankenkasse zusagen lässt. Die Kassen sind zur Zustimmung verpflichtet, wenn sich der Aufenthaltsort im Ausland innerhalb der Europäischen Union befindet (Bundessozialgericht, AZ B 3 KR 23/18 R).
Urlaub trotz Krankschreibung bei Beamten
Für Beamt gelten arbeitsrechtlich oft andere Bedingungen als für Angestellte. Bei Urlaub trotz Krankschreibung gibt es bei Beamten aber keine Besonderheiten zu berücksichtigen. Beamte können auch bei Krankschreibung verreisen.
Sie sollten allerdings zur Sicherheit eine ärztliche Bescheinigung einholen, aus der hervorgeht, dass der Reise aus medizinischem Sachverhalt nichts entgegensteht. Sollte der Dienstherr die Reise trotz Krankschreibung später monieren, können sie jederzeit dokumentieren, dass sie nichts der Genesung Zuwiderlaufendes getan haben.