Aufsichtspflicht
Eine Aufsichtspflicht gilt grundsätzlich bei minderjährigen Kindern und kann zudem bei geistig oder körperlich eingeschränkten Personen bestehen. Kommt es aufgrund einer Verletzung der Aufsichtspflicht etwa zu Beschädigungen des Eigentums Dritter, haften Kinder normalerweise nicht selbst – und auch ihre Eltern können nur dann haftbar gemacht werden, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Ist das der Fall, hilft die Privathaftpflichtversicherung. Sie dient dem Zweck, Ansprüche von Dritten zu befriedigen, die durch Unfälle, Unachtsamkeiten und Ähnliches entstehen.
- Was ist die Aufsichtspflicht?
- Verletzung der Aufsichtspflicht
- Deliktunfähige Kinder
- Aufsichtspflichtverletzung vor Gericht: Beispiele
- Mitversicherung von deliktunfähigen Kindern
- Verwandte Themen
- Weiterführende Links
Das Wichtigste in Kürze
- Laut Gesetz sind Kinder erst ab dem siebten Lebensjahr deliktfähig (das heißt, sie können erst dann für ihr Handeln verantwortlich gemacht werden).
- Es gibt seitens des Gesetzgebers keine genauen Kriterien, ab wann eine Aufsichtsperson ihre Aufsichtspflicht verletzt hat.
- Obwohl es bei kleinen Kindern keine Haftungsgrundlage gibt, bieten immer mehr Versicherer auch eine Übernahme von "Schäden durch deliktunfähige Kinder" an.
Was ist die Aufsichtspflicht?
Eine Aufsichtspflicht besteht bei minderjährigen Kindern oder Personen, die zum Beispiel aufgrund einer Behinderung eingeschränkt sind. Eine Aufsichtspflicht haben in erster Linie Eltern oder der gesetzliche Vormund. Diese können die Aufsichtspflicht auch zeitweise übertragen, etwa auf Großeltern, Erzieher, Lehrer oder Ausbilder.
Die jeweils verantwortliche Aufsichtsperson haftet beispielsweise, wenn ein Kind einen Schaden verursacht, während die Aufsichtspflicht verletzt wurde. Eine Aufsichtspflichtverletzung liegt etwa in folgenden Situationen vor:
- Ein siebenjähriges Kind darf mit einem Feuerzeug spielen, ohne dass ein Erwachsener daneben sitzt.
- Ein fünfjähriges Kind spielt allein in einem Garten, in dem sich ein ungesicherter Teich befindet.
- Ein sechsjähriges Kind spielt auf einer Baustelle und die Aufsichtsperson ruft es nicht zurück.
- Ein dreizehnjähriges Kind bastelt ohne Aufsicht und Einweisung mit Hammer, Säge oder elektrischen Werkzeugen.
Wie genau die Aufsichtsperson ihre Pflicht erfüllen muss, ist nicht konkret geregelt. Auch für die Aufsichtspflicht in Kita oder Schule gibt es keine konkreten Gesetze. Die Aufsichtsperson kann dies im eigenen Ermessen entscheiden und Kindern durchaus Freiheiten gewähren oder aber die Kinder über bestehende Gefahren informieren und ihnen bestimmte Aktivitäten verbieten. Grundsätzlich muss die Aufsichtsperson jedoch stets wissen, wo sich beispielsweise die zu beaufsichtigenden Kinder aufhalten und was sie gerade tun. Unfälle können auch dann passieren, wenn keine Verletzung der Aufsichtspflicht vorliegt.
Ein Verstoß gegen die Aufsichtspflicht an sich wird in der Regel nicht geahndet. Lediglich ein Schaden, der aufgrund einer Aufsichtspflichtverletzung entsteht, kann durchaus ein Fall für ein Gericht sein.
Verletzung der Aufsichtspflicht – schwer zu belegen
Grundsätzlich gilt: Bei einer Aufsichtspflichtverletzung müssen Aufsichtspersonen mit Schadenersatzansprüchen des Geschädigten rechnen. Die Grundlage des juristischen Anspruchs ist der Paragraph 832 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Dort ist festgelegt, dass für einen Schaden nicht nur der Schadensverursacher haftbar gemacht werden darf, sondern auch der Aufsichtspflichtige. Für Eltern mit Kindern bedeutet das, dass sie nach dem BGB verpflichtet sind, dem Geschädigten einen Schaden zu ersetzen, den die Kleinen verursacht haben – es sei denn, ihre Privathaftpflichtversicherung übernimmt die finanzielle Last.
Es gibt seitens des Gesetzgebers keine genauen Kriterien, ab wann eine Aufsichtsperson ihre Aufsichtspflicht verletzt hat. Die Beurteilung ist vom Alter des Kindes, der individuellen Entwicklung und der Umgebung abhängig. Je nach Schadenshöhe nimmt die Privathaftpflichtversicherung jedoch keine vollständige Prüfung vor: Nur bei höheren Beträgen prüft sie sehr genau, ob das Kind vorsätzlich gehandelt hat und ob die elterliche Aufsichtspflicht verletzt wurde. Kleinere Schäden übernehmen viele Versicherungsgesellschaften meist ohne große Probleme.
Deliktunfähige Kinder: Greift die Privathaftpflicht?
Laut Gesetz sind Kinder erst ab dem siebten Lebensjahr deliktfähig und können erst dann für ihr Handeln verantwortlich gemacht werden – im öffentlichen Straßenverkehr sogar erst ab dem zehnten Lebensjahr. Es wird zudem immer im Einzelfall geprüft, ob das Ergebnis des Geschehens für das Kind vorher abzusehen war.
Bei deliktunfähigen Kindern, die etwas beschädigen oder zerstören, gibt es demnach keine Haftungsgrundlage. Der Geschädigte kann somit auch keinen Ersatz vom Kind verlangen. Er kann aber versuchen, mit einem Verweis auf die Verletzung der Aufsichtspflicht von den Eltern Schadenersatz zu fordern. In einem solchen Fall würde auch die Privathaftpflichtversicherung einspringen und den Schaden ersetzen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Police entsprechende Schäden abdeckt.
Ist jedoch keine Aufsichtspflichtverletzung festzustellen, erhält der Geschädigte keinen Schadenersatz – denn gegen deliktunfähige Kinder besteht grundsätzlich kein Schadenersatzanspruch. Das kann schnell zum Streit führen – erst recht, wenn die Geschädigten Bekannte oder Nachbarn sind.
Aufsichtspflichtverletzung vor Gericht: Beispiele
Streitigkeiten über die Schadenbeseitigung landen nicht selten vor Gericht. Nicht immer liegt dabei nach Auffassung des Gerichts eine Verletzung der Aufsichtspflicht vor, wie diese zwei Beispiele zeigen:
- Das OLG Köln hatte am 30.11.2010 zur Inbrandsetzung einer Halle auf einer Reitanlage zu entscheiden (24 U 155/09). Hier wurde ein Zehnjähriger auf Schadenersatz in Höhe von 737.000 Euro verklagt. Eine Aufsichtspflichtverletzung der Eltern sah das Gericht jedoch nicht als gegeben an. Das Urteil des OLG Köln wurde mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs rechtskräftig (Az. VI ZR 3/11).
- Das OLG Koblenz bestätigte in seinem Urteil vom 21.06.2012 jedoch eine Verletzung der Aufsichtspflicht bei Kita-Betreuern. Hier hatten Kindergarten-Kinder Steine auf ein parkendes Fahrzeug geworfen (Az. 1 U 1086/11). Nach Ansicht des Oberlandesgerichts haftet der Träger eines Kindergartens bei einer Aufsichtspflichtverletzung der Betreuer. Im vorliegenden Fall musste die Kindertagesstätte deshalb den Schaden in Höhe von 1.125,58 Euro zahlen. Das Urteil wurde erst mit der Abweisung der Revision durch den Bundesgerichtshof rechtskräftig (Az. III ZR 226/12).
Solche Urteile zeigen, dass die Schadenshöhe bei einer Verletzung der Aufsichtspflicht durch Eltern oder Betreuer erheblich sein kann und dass mitunter auch die Gerichtsbarkeit höherer und höchster Instanzen darüber entscheiden muss.
Mitversicherung von deliktunfähigen Kindern
Obwohl es bei kleinen Kindern keine Haftungsgrundlage gibt, bieten immer mehr Versicherungsunternehmen Tarife an, in denen sie „Schäden durch deliktunfähige Kinder“ ebenfalls übernehmen.
Die Versicherung zahlt dann ohne rechtliche Grundlage eine Entschädigung an den Anspruchsteller aus, auch wenn keine Verletzung der Aufsichtspflicht vorliegt. Bei den meisten Policen muss der Versicherungsnehmer den Zahlungswunsch jedoch explizit aussprechen, da der Versicherer den Schaden sonst gemäß den üblichen Regularien ablehnen wird. Die Entschädigungsleistung bei der Mitversicherung von deliktunfähigen Kindern begrenzen die meisten Versicherungsgesellschaften auf eine Summe zwischen 2.500 und 10.000 Euro.
Wer eine Privathaftpflichtversicherung braucht, die Kinder miteinschließt, kann im Vergleichsrechner von Verivox einfach den entsprechenden Familienstand angeben. Anschließend zeigt der Rechner geeignete Angebote an.
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