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Zwei Jahre nach BGH-Urteil: Zwei Drittel der Deutschen gegen erleichterte Preisanpassungen beim Girokonto

26.04.2023 | 08:19

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Heidelberg. Am 27. April 2021 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Banken Kontogebühren nur noch mit Zustimmung der Kunden erhöhen dürfen. Zwei Jahre später ist diese Zustimmungsregelung noch immer umstritten. Doch während Bankenverbände und die CDU/CSU Lockerungen fordern, will in der Bevölkerung eine deutliche Zwei-Drittel-Mehrheit an den aktuellen Regeln festhalten. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Vergleichsportals Verivox.

Nur jeder Achte will zurück zur alten Praxis

68 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die aktuellen Regeln zur Einführung und Erhöhung von Kontogebühren erhalten bleiben sollen. Seit dem BGH-Urteil brauchen Kreditinstitute dafür die ausdrückliche Zustimmung der betroffenen Kundinnen und Kunden. "Vor der BGH-Entscheidung war es üblich, dass Banken Kontogebühren einseitig erhöht und auch völlig neue Entgelte eingeführt haben", sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. "Die geänderten Konditionen traten automatisch in Kraft, wenn die Kunden ihnen nach der Information durch die Bank nicht aktiv widersprochen haben." Zu dieser Praxis zurückkehren will unter den Umfrageteilnehmern nur gut jeder Achte (13 Prozent).

CDU und Banken wollen einen Mittelweg – nur jeder Fünfte dafür

Nur geringfügig größer ist der Zuspruch für einen Mittelweg, für den sich die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) und auch die CDU/CSU einsetzen. Der Banken-Dachverband fordert eine teilweise Rückkehr zur früheren Regelung. Laut dem DK-Vorschlag soll eine ausdrückliche Zustimmung der Kunden künftig nur noch für die Einführung ganz neuer Konto-Entgelte vonnöten sein. Für die Änderung und Erhöhung bereits bestehender Kontogebühren solle es hingegen ausreichen, dass die Banken ihre Kunden vorab über die Konditionsanpassung informieren. Wenn die Betroffenen dann nicht aktiv widersprechen, würden die neuen Preise in Kraft treten. Im Dezember hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen Antrag für eine Gesetzesänderung ins Parlament eingebracht, der in dieselbe Richtung ging.

Bei den Bundesbürgern hingegen ist dieser Vorschlag nicht mehrheitsfähig: In der Verivox-Umfrage spricht sich nur knapp ein Fünftel (19 Prozent) der Befragten dafür aus. "Für die Banken ist die derzeitige Regelung kompliziert: Solange ihre Kunden einer Gebührenerhöhung nicht ausdrücklich zustimmen, treten die neuen Konditionen nicht in Kraft", sagt Oliver Maier. "Doch in der Bevölkerung gibt es eine deutliche Zwei-Drittel-Mehrheit gegen gesetzliche Erleichterungen von Preisanpassungen."

Trotz der BGH-Entscheidung stiegen die Kontogebühren

Auch unter den aktuellen Rahmenbedingungen sind Banken in der Lage, Preiserhöhungen beim Konto durchzusetzen: Bei über der Hälfte aller Umfrageteilnehmer mit einem kostenpflichtigen Girokonto wurden in den letzten 24 Monaten die Gebühren erhöht. Bei einem Drittel (33 Prozent) ist die letzte Preiserhöhung weniger als ein Jahr her, 26 Prozent der Befragten geben an, dass ihr Konto vor ein bis zwei Jahren zum letzten Mal teurer wurde.

Trotzdem glaubt ein beträchtlicher Teil der Befragten, dass die aktuelle Regelung dazu beiträgt, den Gebührenhunger der Banken zu zügeln. 39 Prozent denken, dass die Zustimmungsregelung eine kostendämpfende Wirkung hat. Etwa ebenso viele (41 Prozent) sind der Ansicht, sie habe keinen Effekt auf die Entwicklung der Kontokosten. Dass die explizite Zustimmungspflicht umgekehrt sogar kostensteigernde Wirkung haben könnte, glaubt jeder Fünfte (20 Prozent).

Gebührenerhöhungen nicht einfach aussitzen

In welchem Maße Kunden bereit sind, Gebührenerhöhungen bei der eigenen Bank zu tolerieren, ist sehr unterschiedlich: Die Hälfte der Befragten würde nach eigenen Angaben bereits bei jährlichen Kostensteigerungen bis 50 Euro die Bank wechseln. Für die andere Hälfte käme ein Bankwechsel entweder gar nicht in Frage (15 Prozent) oder nur bei höheren Kostensteigerungen (35 Prozent).

Eine Gebührenerhöhung einfach zu ignorieren und auszusitzen, ist auf Dauer keine Option. "Zwar benötigen Banken die aktive Kundenzustimmung, damit die Preisänderungen greifen. Doch wer einfach auf Tauchstation geht und gar nicht reagiert, muss in letzter Konsequenz mit einer Kündigung des Kontos rechnen", sagt Oliver Maier. "Wenn die eigene Bank zu teuer wird, ist ein Wechsel zu einem Institut mit einem günstigeren oder sogar kostenfreien Girokonto für beide Seiten die bessere Lösung."

Methodik

Im Auftrag von Verivox hat das Meinungsforschungsinstitut Innofact im Februar 2023 insgesamt 1.029 Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren online befragt. Die Umfrage ist bevölkerungsrepräsentativ in Bezug auf Alter, Geschlecht und Bundeslandzugehörigkeit.

Gefragt wurde:

  • Wie viel haben Sie im letzten Jahr insgesamt für Ihr hauptsächlich genutztes Girokonto ausgegeben?
  • Wann hat Ihre Bank zum letzten Mal die Gebühren für Ihr hauptsächlich genutztes Girokonto erhöht oder neue Gebühren eingeführt?
  • Stellen Sie sich vor, Ihre Bank will die Gebühren für Ihr hauptsächlich genutztes Girokonto anheben: Bis zu welcher Höhe würden Sie höhere Kontokosten akzeptieren und ab welcher Kostensteigerung würden Sie die Bank wechseln?
  • Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs im April 2021 benötigen Banken die ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden, wenn sie neue Kontogebühren einführen oder bestehende Gebühren erhöhen wollen. War Ihnen dieses Urteil bislang bekannt?
  • Was denken Sie: Welchen Effekt hat es auf die Entwicklung der Kontokosten, wenn Banken für die Einführung und Erhöhung von Kontogebühren die ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen?
  • Bankenverbände fordern jetzt teilweise eine Rückkehr zur früheren Widerspruchslösung: Nur für neue Gebühren soll dann noch die ausdrückliche Zustimmung der betroffenen Kunden nötig sein. Eine Erhöhung von bereits bestehenden Gebühren soll hingegen wieder automatisch in Kraft treten, wenn Kunden ihr nach der Information durch die Bank nicht aktiv widersprechen. Wie denken Sie darüber?