Warum deutsche Handynutzer teurer telefonieren als ihre europäischen Nachbarn
29.04.2014 | 11:05
Heidelberg. Mobilfunknutzer in Deutschland zahlen trotz regulierter und jahrelang gesunkener Preise mehr als so manche europäische Nachbarn. Was diese Preisunterschiede für hiesige Verbraucher bedeuten und warum die Fusion der Netzbetreiber O2 und E-Plus die Preise wieder klettern lassen könnte, erläutert das unabhängige Verbraucherportal Verivox.
Wie der deutsche Regulierer rechnet
In der Bundesrepublik ist die Mobilfunk-Minute teilweise doppelt so teuer wie in den Nachbarländern. Grund sind die sogenannten Terminierungsentgelte, die eine Telefongesellschaft für die Zustellung eines Anrufs in ein fremdes Netz bezahlen muss. In Deutschland hat die Bundesnetzagentur als verantwortliche Regulierungsbehörde die Gebühren seit dem 1. Dezember 2013 auf 1,79 Cent pro Minute festgelegt – die Empfehlung der EU-Kommission liegt EU-weit bei 1,0 Cent pro Minute.
Der Regulierer hält an seiner Methode fest, „die Entgelte auf der Grundlage der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zu ermitteln“, so die Behörde in einer Mitteilung. „Die Bundesnetzagentur berücksichtigte bislang bei der Festsetzung der Terminierungsentgelte auch Gemeinkosten wie Investitionen in den Ausbau der Breitbandnetze“, sagt Verivox-Telekommunikationsexperte Sven Ehrmann. „Diese Investitionen in die Infrastruktur sollten – gerade wegen der explodierenden Datennutzung – auch in Zukunft nicht zu kurz kommen.“
Die Deutschen zahlen drauf
Im Vergleich zum Jahr 2010 und den damals in Deutschland zu entrichtenden 7 Cent pro Minute bedeutet der aktuelle Preis von 1,79 Cent eine deutliche Senkung, über die sich der deutsche Verbraucher eigentlich freuen könnte. Doch im Vergleich zu den Kosten im europäischen Ausland sind deutsche Entgelte immer noch hoch: In Österreich zahlen Betreiber derzeit 0,80 Cent pro Minute – und damit weniger als die Hälfte der deutschen Gebühr. Schon 2009 lagen die Kosten dort bei nur 4,5 Cent. Auch in Frankreich (0,80 Cent), Italien (0, 98 Cent) und Spanien (1,09 Cent) ist das mobile Telefonieren für die Nutzer signifikant günstiger als in Deutschland.
Für die EU-Kommission waren diese auffälligen nationalen Preisunterschiede auf dem europäischen Mobilfunkmarkt Anfang April Anlass, Deutschland erneut zu einer Senkung der Gebühren aufzufordern. Hintergrund: Im EU-Telekommunikationsrecht ist festgehalten, dass die Mitgliedstaaten zum einen die Interessen der Verbraucher schützen und zum anderen den Wettbewerb und die Entwicklung des Binnenmarktes fördern sollen. Die Bundesnetzagentur verstoße mit ihrem Handeln gegen diese Vorgaben, so die Kommission.
Die Preise könnten wieder steigen
Nicht nur aufgrund unvermeidbarer Investitionen in die Infrastruktur könnten die Preise für Smartphone-Nutzer in Deutschland erstmals seit Jahren wieder steigen. Das Beispiel Österreich zeigt, wie nachteilig ein konsolidierter Markt für die Preisentwicklung sein kann: Nach der Fusion der Netzbetreiber Hutchison und Orange stellten die verbliebenen drei Betreiber den Wettbewerb quasi ein und die Preise für die österreichischen Verbraucher stiegen – und das zum ersten Mal seit Jahren und trotz Regulierungsmaßnahmen durch die EU-Kommission. Während die Anbieter also profitierten, hatten die Verbraucher das Nachsehen. Auch hierzulande könnte nach der Übernahme von E-Plus durch Telefónica (O2) der Wettbewerb auf dem Markt abnehmen. Die Folge wären womöglich steigende Mobilfunkgebühren für deutsche Handynutzer.
Das Tarifangebot für Smartphone-Nutzer in Deutschland ist derzeit noch umfangreich und nicht immer leicht zu durchschauen. Daher ist ein Blick auf die letzte Handyrechnung anzuraten, ehe man einen Online-Tarifrechner zum Preisvergleich nutzt. So finden Verbraucher einen Tarif, der wirklich zum eigenen Telefonverhalten passt.