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Umfrage: Seniorenheime verschlafen Digitalisierung – nur sechs Betreiber nehmen Stellung zum WLAN-Ausbau

28.12.2021 | 09:47

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Heidelberg. Trotz insgesamt steigender Digitalisierung sind überproportional viele ältere Menschen weiterhin offline. Was wird aktuell für digitale Teilhabe in Senioreneinrichtungen getan? Das Vergleichsportal Verivox hat dazu die deutschlandweit 20 größten Betreiber von Alten- und Pflegeheimen angefragt, die in 1.725 Häusern insgesamt 174.167 Plätze anbieten. Ergebnis: Nur sechs Betreibergruppen bezogen konkret Stellung zu der Frage, ob sie in ihren Einrichtungen kostenloses WLAN zur Verfügung stellen. Fünf davon bieten für einen Teil ihrer Wohnheime bereits WLAN an.

Nur fünf Betreibergruppen melden teilweisen Vollzug

Unter den fünf Anbietergruppen, die bereits mit dem Internetausbau begonnen haben, sind vier privat betriebene. So gibt die Alloheim-Gruppe an, in rund zwei Dritteln ihrer Einrichtungen den Bewohnerinnen und Bewohnern einen WLAN-Zugang zu bieten. "Möglichst zeitnah" sollen alle Heime angebunden werden. In der Korian-Gruppe seien aktuell 149 der 252 Seniorenheime mit WLAN ausgestattet; bis Ende des Jahres sollen alle Einrichtungen einen Zugang erhalten.

Die Deutsche Wohnen gibt den Anteil ihrer mit WLAN ausgerüsteten Pflegeheime mit "etwa 50 Prozent" an. Die K&S-Gruppe meldet WLAN für alle 35 Häuser, allerdings oft nur in Gemeinschaftsräumen. In einem Viertel der Heime könne das WLAN auch auf den Zimmern genutzt werden; pro Jahr sollen bis zu 10 Standorte nachgerüstet werden. Als einziger gemeinnütziger Betreiber hat die Evangelische Heimstiftung Angaben zur Internetversorgung gemacht. Demnach stehe derzeit in 31 ihrer 90 Häuser WLAN zur Verfügung, weitere 15 Heime sollen bis Ende des Jahres nachgerüstet werden.

Internetversorgung ist wichtig für Betreiber und Bewohner

"WLAN in Senioreneinrichtungen kommt nicht nur den Bewohnerinnen und Bewohnern zugute", sagt Jens-Uwe Theumer, Vice President Telecommunications bei Verivox. "Die Betreiber haben oft eigene Digitalisierungsprojekte, etwa für technische Assistenzsysteme oder Telemedizin. Eine flächendeckende breitbandige Internetversorgung ist Voraussetzung auch für digitale Projekte in der Pflege."

Die bisweilen unzureichende Versorgung mit schnellem und stabilem Internet stellt auch die Betreiber von Seniorenheimen vor Herausforderungen. So betont etwa eine Alloheim-Sprecherin, dass es insbesondere in ländlichen Regionen schwierig sei, ausreichend Bandbreite für ein flächendeckendes WLAN in den Zimmern zu erhalten. Hinzu kämen technische Beschränkungen, da die Bandbreite auch im operativen Betrieb des Hauses benötigt werde.

Digitale Infrastruktur kostet Zeit – und Geld

Das Aufsetzen einer digitalen Infrastruktur bedarf umfangreicher Investitionen in den Einrichtungen. Das betrifft nicht nur die Vernetzung von Gebäuden, sondern auch den Einkauf von Serverkapazitäten, Softwarelizenzen und Geräten. Verbände wie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen fordern, die Vergabe öffentlicher Gelder an die Schaffung von WLAN-Zugängen in Senioreneinrichtungen zu koppeln. Der Verband hat im August 2021 zusammen mit dem Bundesfamilienministerium den "Digitalpakt Alter" analog zum "Digitalpakt Schule" gestartet. Für die Initiative spielt der digitale Kompetenzerwerb älterer Menschen eine große Rolle.

Die Evangelische Heimstiftung hat nach eigenen Angaben im Jahr 2020 ein WLAN-Investitionsprogramm in Höhe von 7 Millionen Euro gestartet. Der Stiftung zufolge kostet die komplette WLAN-Ausstattung einer kleinen Einrichtung inklusive Verkabelung rund 90.000 Euro; mit einer Bauzeit von rund 6 Wochen sei dafür zu rechnen. Für ein großes Haus (mit rund 130 Plätzen) kalkuliere man mit etwa 270.000 Euro und rund drei Monaten Bauzeit.

Gruppe der älteren Menschen ist sehr heterogen

Eine digitale Spaltung vor allem innerhalb der älteren Bevölkerungsgruppe zeigt beispielhaft der jüngste D21-Digital-Index: Während Deutsche zwischen 70 und 74 Jahren noch zu 30 Prozent angeben, von der Digitalisierung zu profitieren, sinkt diese Zahl bei über 80-Jährigen auf nur noch fünf Prozent.

Auch der letzte Altersbericht der Bundesregierung benennt die Heterogenität innerhalb der Gruppe der älteren Menschen als problematisch. Um den ohnehin vorhandenen sozialen und gesundheitlichen Ungleichheiten entgegenzuwirken, fordert die Sachverständigenkommission Internetzugänge in allen Wohnformen für ältere Menschen.

"Digitale Teilhabe geht mit sozialer Teilhabe einher", sagt Jens-Uwe Theumer. "Ohne Zugang zur digitalen Welt sind Menschen immer öfter aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Wie wertvoll eine Kommunikation über digitale Medien sein kann, hat sich für Senioren insbesondere während des Corona-Lockdowns gezeigt."

Methodik

Untersucht wurde die WLAN-Ausstattung von Senioren- bzw. Pflegeheimen der deutschlandweit 20 größten Anbieter (Ranking zum Marktanteil laut Branchenmagazin pflegemarkt.com, Dezember 2020). Darunter sind drei gemeinnützige und 17 private Anbieter. Die Gesamtzahl der Heime aller 20 Betreibergruppen beläuft sich dem Ranking zufolge auf 1.725, die Gesamtzahl der Plätze liegt bei 174.167.

Fünf Anbieter haben auf Verivox-Anfrage im August und September 2021 konkrete Angaben gemacht (Alloheim Senioren Residenzen SE, Deutsche Wohnen SE, Evangelische Heimstiftung GmbH, Korian Gruppe, K&S Dr. Krantz Sozialbau und Betreuung SE & Co. KG). Weitere sechs Anbieter haben eine Stellungnahme explizit abgelehnt (AWO Bezirk Westliches Westfalen e.V., Azurit-Hansa-Gruppe, Charleston Holding GmbH, Dorea GmbH, Emvia Living GmbH, Kursana Residenzen GmbH). Die Schönes-Leben-Gruppe strebt nach eigenen Angaben eine umfassende WLAN-Versorgung an, hat derzeit aber noch kein Angebot. Die verbleibenden acht Anbieter ließen mehrere Anfragen per E-Mail bzw. Telefon unbeantwortet.

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