Über 3 Millionen Deutsche können kein schnelles Internet bekommen
12.02.2024 | 09:00
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg. Bereits im Jahr 2018 sollte Deutschland eine flächendeckende Breitbandversorgung mit 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) haben. Doch noch immer sind hierzulande rund 3,4 Millionen Menschen auf langsamere Anschlüsse angewiesen. Das Vergleichsportal Verivox fordert das fünf Jahre alte Versprechen vom „schnellen Internet für alle“ wahrzumachen – und damit einer zunehmenden digitalen Spaltung entgegenzuwirken.
1.000 Städte und Gemeinden noch nicht vollständig erschlossen
Laut Bundesbreitbandatlas sind deutschlandweit knapp 96 Prozent aller Haushalte mit einer Download-Geschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s versorgt. Die verbleibenden vier Prozent müssen auf niedrigeren Surfspeed zurückgreifen. Damit sind insgesamt fast 1,7 Millionen Haushalte oder 3,4 Millionen Menschen vom schnellen Internet abgeschnitten. Die Ausbauquote verbesserte sich gegenüber dem Vorjahr um lediglich 2,6 Prozent.
Insgesamt 11.000 Gemeinden in Deutschland sind nicht ausreichend mit 50 Mbit/s versorgt. In 324 dieser Kommunen beträgt die 50-Mbit/s-Abdeckung maximal zehn Prozent – davon hat mehr als die Hälfte überhaupt keinen Zugang zu festen Breitbandanschlüssen mit mindestens 50 Mbit/s.
Große Ungleichheit führt zu digitaler Spaltung
In den unterversorgten Regionen werden die Menschen zunehmend von einer heute üblichen Internetnutzung ausgegrenzt. Denn der Datenbedarf wächst stetig: Während 2022 noch 276 Gigabyte (GB) pro Festnetzanschluss im Monat verbraucht wurden, stieg dieser Wert laut VATM-Analyse im vergangenen Jahr auf 321 GB. "Schnelles und stabiles Internet sollte als Teil unserer Grundversorgung betrachtet werden, wie Strom und Gas", sagt Verivox-CEO Daniel Puschmann. "Eine digitale Teilhabe ist nicht gewährleistet, wenn ganze Landstriche unterversorgt sind. Noch viel zu oft wird der massiv gestiegene Datenbedarf von einer unzureichenden Infrastruktur ausgebremst."
Seit 2022 gibt es in Deutschland ein "Recht auf schnelles Internet". Demnach muss überall Festnetzinternet mit einer Download-Rate von mindestens 10 Mbit/s verfügbar sein – auch dieses Ziel wurde nicht erreicht. "10 Mbit/s sind viel zu wenig, damit lassen sich selbst Standardanwendungen oft nicht umsetzen", sagt Puschmann. "Die Mindestgeschwindigkeit sollte schnellstmöglich auf mindestens 50 Mbit/s im Download angepasst werden."
Für etliche Haushalte werde nicht einmal dieser Wert ausreichen: "In einer Familie mit schulpflichtigen Kindern und einem Elternteil im Home-Office ist der Datenbedarf schon für die Pflicht-Anwendungen so groß, dass für gleichzeitiges privates Streaming oder Gaming auch mit 50 Mbit/s kaum Bandbreite übrigbleibt. Die Unterschiede zwischen Mindestversorgung und Gigabit-Speed sind enorm: Haushalten mit langsamen Anschlüssen wird eine aktive Teilhabe in vielen Bereichen des Alltags enorm erschwert. Wenn schnelles Internet eine Frage des Wohnortes ist, befördert das die digitale Spaltung der Gesellschaft", sagt Puschmann.
Open Access statt Wettbewerb der Infrastrukturen
In der neuen Gigabitstrategie der Bundesregierung sind andere, ambitionierte Ziele formuliert: Der Koalitionsvertrag sieht eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaser vor. Bis 2025 soll die Hälfte aller Haushalte versorgt sein, bis 2030 wird eine Komplettabdeckung angestrebt. "Um nicht durch den Gigabit-Ausbau eine digitale Spaltung zwischen Ballungszentren und ländlichen Räumen zu vertiefen und Ausbauprojekte gegeneinander auszuspielen, sollten sich alle Akteure darauf konzentrieren, 50 Mbit/s als Minimum für alle umzusetzen – statt Gigabit für wenige", sagt Puschmann. "Statt eines Wettbewerbs der Infrastrukturen braucht es einen Wettbewerb um günstige Tarife und als Basis einen Open Access, also offene Netze."
Methodik
Basis der Erhebung zur Ausbauquote mit 50 Mbit/s ist der Breitbandatlas der Bundesnetzagentur, der im Dezember 2023 aktualisiert wurde (mit Datenstand Juni 2023). Vergleichsbasis bildet die Erhebung aus dem Vorjahr (Stand Juni 2022). Betrachtet wurde die Verfügbarkeit im Bereich Festnetz in Privathaushalten. Pro Haushalt wurde im Schnitt von zwei Personen ausgegangen (Quelle: Statistisches Bundesamt für 2022). Die Erhebung erfolgte unabhängig von Technologien wie Kabel-Internet, DSL oder Glasfaser.