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Offline im Seniorenheim: Internetzugang in Süddeutschland nicht gesetzlich verankert

02.12.2024 | 08:30

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Heidelberg. Betreibern von Alten- und Pflegeheimen steht es vor allem im Süden Deutschlands rechtlich frei, ob sie ihren Bewohnerinnen und Bewohnern einen Internetzugang zur Verfügung stellen: Vier Bundesländer, darunter Bayern und Baden-Württemberg, machen aktuell keine Vorgaben zur Internetversorgung von Seniorenheimen. Eine bundesweit gültige Verpflichtung existiert nicht. Auf Anfragen zur WLAN-Versorgung ihrer Einrichtungen reagieren die deutschlandweit größten Heimbetreiber mehrheitlich zugeknöpft. Das ergaben Recherchen des Vergleichsportals Verivox.

Digitale Teilhabe abhängig von Wohnort und Betreiber

Immer noch sind überproportional viele ältere Menschen offline. Wer sich nicht mehr selbst versorgen kann, landet oft in der digitalen Diaspora: Trotz Absichtserklärungen wie einer "wirksamen Steigerung der digitalen Teilhabe älterer Menschen" hat auch die Ampel-Regierung keine Vorgaben zur Internetversorgung von Alten- und Pflegeheimen gemacht. Die entsprechenden Heimgesetze werden weiterhin auf Länderebene festgelegt.

Dabei reichen die ältesten länderspezifischen Regelungen mit Internet-Bezug zurück bis ins Jahr 2010 (Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern), andere griffen erst 2024 (Sachsen). Das Land Hessen schränkt ein: Die Internetnutzung müsse gewährleistet sein, "sofern dies technisch möglich ist". Keine Vorschriften zur Internetversorgung von Senioreneinrichtungen gibt es aktuell in Baden-Württemberg und Bayern, dem Saarland sowie in Thüringen.

"Der föderale Flickenteppich macht eine digitale Teilhabe älterer und pflegebedürftiger Menschen zum Lotteriespiel", sagt Jörg Schamberg, Telekommunikationsexperte bei Verivox. "Mit Bayern und Baden-Württemberg machen zwei der drei bevölkerungsreichsten Länder keine Vorgaben zur Internetversorgung von Alten- und Pflegeheimen. Zudem ist die Verfügbarkeit eines Internetanschlusses nicht nur abhängig von Bundesland und Standort, sondern auch vom Heimbetreiber."

Nur 2 von 10 Betreibern äußern sich zur digitalen Versorgung

Verivox hat im September und Oktober 2024 die 10 größten Betreiber von Alten- und Pflegeheimen in Deutschland gefragt, ob sie ihren Bewohnerinnen und Bewohnern WLAN zur Verfügung stellen oder dies planen. 6 der 10 Betreibergesellschaften ließen mehrfache Nachfragen unbeantwortet. Zwei weitere gaben an, sich zum Thema aktuell nicht äußern zu wollen. Lediglich Korian (zweitgrößte Bettenanzahl in Deutschland) und die Evangelische Heimstiftung (zehntgrößte Bettenanzahl) äußerten sich konkret zur Internetversorgung ihrer Einrichtungen.

Die Korian-Gruppe gibt an, dass den Bewohnerinnen und Bewohnern "grundsätzlich" in allen Pflegeeinrichtungen eine Internetversorgung über WLAN zur Verfügung stehe. In einigen Häusern sei der Ausbau jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Evangelische Heimstiftung teilt mit, derzeit seien rund zwei Drittel ihrer Pflegeheime mit WLAN ausgestattet; bei neuen Einrichtungen sei die Verfügbarkeit obligatorisch. Beide Träger geben an, bei der Versorgung keine Beschränkung auf bestimmte Zimmerkategorien vorzunehmen. Für eine Grundausstattung entstünden keine Kosten. Bei Korian seien höhere Bandbreiten gegen Aufpreis zubuchbar.

Zusatzkosten für die WLAN-Nutzung sind keine Seltenheit

Einige Heimbetreiber stellen ein Internetangebot nur als Wahlleistung in "Komfortzimmern" oder auf Anfrage zur Verfügung – so lauten die Angaben auf den Webseiten der Johanniter, der Azurit-Hansa-Gruppe und bei Alloheim. Die Kosten werden teilweise auf die Bewohner umgelegt; die Heimgesetze ermöglichen dies. Auf den Internetpräsenzen von emeis (Orpea-Gruppe) und Pro-Seniore sind gar keine Angaben zu einer möglichen Internetversorgung zu finden, auch nicht als Zusatzleistung und auch nicht für die Pflege junger Menschen. Andere Betreiber informieren meist nur über die Versorgung einzelner Standorte.

"Vor drei Jahren hatte Verivox schon einmal zur WLAN-Versorgung in Alten- und Pflegeheimen recherchiert. Seit 2021 hat sich erschreckend wenig getan", sagt Schamberg. "Ohne eine bundesweite Pflicht zur Internetversorgung von Alten- und Pflegeheimen bleibt die soziale Teilhabe älterer Menschen radikal beschnitten. Wie bedeutsam digitale Kommunikation gerade für weniger mobile Menschen sein kann, hat die Pandemie gezeigt: Es ist ein Armutszeugnis für alle Beteiligten, dass aus diesen Erfahrungen keine verbindlichen Vorgaben resultierten."

Internetversorgung ist auch für Betreiber wichtig

WLAN in Senioreneinrichtungen kommt nicht nur den Bewohnerinnen und Bewohnern zugute: Die Betreiber haben oft eigene Digitalisierungsprojekte, etwa für technische Assistenzsysteme oder Telemedizin. Eine flächendeckende breitbandige Internetversorgung wird auch für den operativen Betrieb des Hauses benötigt und ist Voraussetzung für digitale Projekte in der Pflege.

Doch das Aufsetzen einer digitalen Infrastruktur kostet nicht nur Zeit, sondern bedarf umfangreicher Investitionen in den Einrichtungen. Das betrifft die Vernetzung von Gebäuden, aber auch den Einkauf von Serverkapazitäten, Softwarelizenzen und Geräten. Die Evangelische Heimstiftung berichtete 2021, die komplette WLAN-Ausstattung einer kleinen Einrichtung koste inklusive Verkabelung rund 90.000 Euro; mit einer Bauzeit von rund 6 Wochen sei dafür zu rechnen. Für ein großes Haus (mit rund 130 Plätzen) kalkuliere man mit etwa 270.000 Euro und rund drei Monaten Bauzeit.

Methodik

Verivox hat im Oktober 2024 für alle 16 Bundesländer geprüft, ob deren Landesheimgesetze eine Internetversorgung in Alten- und Pflegeheimen vorschreiben. Zudem wurden die zehn deutschlandweit größten Betreiber von Senioren- bzw. Pflegeheimen im September und Oktober 2024 kontaktiert und um Auskunft zur WLAN-Versorgung ihrer Einrichtungen gebeten (Ranking zum Marktanteil laut Branchenmagazin pflegemarkt.com). Darunter sind zwei gemeinnützige und acht private Anbieter. Die Gesamtzahl der Betten aller 10 Betreibergruppen beläuft sich dem Ranking zufolge auf 130.676, die der Heime auf 1.274. Zudem wurde auf den Webseiten der Betreiber geprüft, ob dort Informationen zur Internetversorgung aufgeführt sind.

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