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Licht und Schatten der Zinswende: Immer noch Nullzinsen bei jeder dritten Bank

04.05.2023 | 09:27

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Heidelberg. Längst nicht alle Verbraucher profitieren von der Zinswende: Während die Anbieter an der Marktspitze mit immer höheren Zinsen um Spargelder konkurrieren, zahlt knapp ein Drittel der Banken und Sparkassen noch immer gar keine Tagesgeldzinsen. Die größten Nachteile haben aber Kreditnehmer. Wer einen Ratenkredit aufnimmt, muss heute mehr als doppelt so hohe Zinsen zahlen wie noch vor einem Jahr. Das zeigen aktuelle Analysen des Vergleichsportals Verivox.

Nullzinsen bei 222 Banken und Sparkassen

Von 688 ausgewerteten Banken und Sparkassen zahlen 222 nach wie vor keine Tagesgeldzinsen. Das entspricht einem Anteil von 32 Prozent. Vor allem bei den Regionalbanken gehen die Sparer oft immer noch leer aus: 34 Prozent der insgesamt 283 ausgewerteten Sparkassen zahlen keine Tagesgeldzinsen. Mit 37 Prozent sogar noch etwas höher ist dieser Anteil unter den 332 regionalen Genossenschaftsbanken in der Verivox-Auswertung. In diese Gruppe gehören die örtlichen Volks- und Raiffeisenbanken sowie die PSD- und Sparda-Banken. Bei den bundesweit aktiven Banken gibt es hingegen kaum Tagesgeldangebote ohne Verzinsung. In diesem Segment zahlen lediglich 4 von 73 Kreditinstituten keine Zinsen – ein Anteil von 5 Prozent.

In einer früheren Auswertung mit Stand vom 9. März hatte Verivox noch bei 45 Prozent der Sparkassen und 48 Prozent der Volks- und Raiffeisenbanken einen Tagesgeldzins von 0,00 Prozent ermittelt. In den letzten Wochen haben also einige Regionalbanken Guthabenzinsen auf dem Tagesgeldkonto eingeführt. "Doch viele Sparkassen und Volksbanken lassen sich reichlich Zeit damit, die steigenden Zinsen an ihre Kunden weiterzugeben", sagt Oliver Maier Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. "Dabei streichen sie selbst inzwischen wieder 3 Prozent Zinsen ein, wenn sie die Spargelder ihrer Kunden bei der Europäischen Zentralbank hinterlegen. Nach dem heutigen Zinstermin dürfte dieser Einlagezins dann nochmals steigen."

Wer sich mit Nullzinsen nicht abfinden möchte, kann unkompliziert bei einer anderen Bank ein Tagesgeldkonto eröffnen. Bei den meisten überregionalen Banken lässt sich als Referenzkonto für Ein- und Auszahlungen ein beliebiges Girokonto hinterlegen. Bankkunden können sich also höhere Tagesgeldzinsen sichern, ohne der eigenen Hausbank gleich komplett den Rücken zu kehren.

Fünf Mal höhere Tagesgeldzinsen bei bundesweit aktiven Banken

Auch beim durchschnittlichen Zins-Niveau liegen bundesweite und regionale Angebote weit auseinander: Bei Banken mit einem deutschlandweit verfügbaren Tagesgeldangebot erhalten Sparer im Schnitt 0,97 Prozent Zinsen. Damit sind die durchschnittlichen Zinsen hier fast fünf Mal so hoch wie bei den Sparkassen (0,22 Prozent) oder den Volks- und Raiffeisenbanken (0,19 Prozent).

Festgeld mit 2 Jahren Laufzeit wird bei Banken mit einem bundesweit verfügbaren Sparangebot im Schnitt mit 2,58 Prozent verzinst. Sparkassenkunden müssen sich im Schnitt mit 1,78 Prozent Zinsen begnügen, bei den regionalen Genossenschaftsbanken erhalten Sparer durchschnittlich 1,89 Prozent.

Top-Anbieter zahlen deutliche höhere Zinsen

Wer vor der Anlageentscheidung Angebote vergleicht, kann sich deutlich höhere Erträge sichern: Für 2-jähriges Festgeld zahlen deutsche Top-Banken aktuell 3,30 Prozent, bei Banken mit Sitz im europäischen Ausland erhalten Anleger bis zu 3,85 Prozent. EU-weit sind Spareinlagen bis 100.000 Euro pro Bank und Kunde durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt. Im Falle einer Bankenpleite würden Sparer durch das Einlagensicherungssystem des Landes entschädigt, in dem das Kreditinstitut ansässig ist.

Insbesondere beim Tagesgeld hat sich der Wettbewerb unter den Top-Anbietern in den letzten Wochen nochmal spürbar verschärft. In der Spitze können Sparer aktuell bis zu 3,3 Prozent Zinsen einstreichen. Insgesamt 13 Banken zahlen Tagesgeldzinsen in Höhe von 3 Prozent oder mehr.

Viele der attraktivsten Zinsangebote gelten allerdings nur für Neukunden oder für neu angelegtes Geld und sind zudem auf einige Monate befristet. "Profitieren können von solchen Werbeangeboten vor allem Tagesgeldanleger, die bereit sind, ihr Geld gelegentlich umzuschichten und zur nächsten Bank zu wechseln, sobald ihre Neukundenkonditionen auslaufen", sagt Oliver Maier. Wer das nicht möchte, kann sich beim Zinsvergleich an den regulären Bestandskundenkonditionen orientieren. Den höchsten Zinssatz, der für alle Kunden gleichermaßen gilt, bietet mit 3 Prozent aktuell die tschechische J&T Direktbank. Unter den Kreditinstituten mit deutschem Einlagenschutz liegt der höchste reguläre Bestandskundenzins derzeit bei 2,5 Prozent.

Zinslast bei Ratenkrediten hat sich verdoppelt

Keine gute Nachricht sind steigende Zinsen für Ratenkreditnehmer. Vor einem Jahr erhielten Verbraucherinnen und Verbraucher, die über Verivox einen Ratenkredit abgeschlossen haben, ihr Darlehen im Mittel noch zu einem Zinssatz von 3,15 Prozent. Bei diesen Konditionen belaufen sich die Gesamtkosten für einen typischen Kredit in Höhe von 15.000 Euro mit 5 Jahren Laufzeit auf 1.214 Euro. Heute muss ein durchschnittlicher Kreditnehmer 6,49 Prozent Zinsen zahlen. Bei diesen Konditionen liegen die Zinskosten für den gleichen Kredit bei insgesamt 2.527 Euro – und damit mehr als doppelt so hoch wie noch vor einem Jahr. Ausgewertet wurde der sogenannte Median-Zins. Er ist repräsentativ für breite Kundengruppen. Die Hälfte aller Kreditnehmer erhielt diesen oder einen günstigeren Zinssatz.

"Um die Finanzierungskosten im Zaum zu halten, ist ein gründlicher Anbietervergleich vor dem Kreditabschluss gerade in Zeiten steigender Zinsen wichtiger denn je", sagt Oliver Maier. "Wer darauf verzichtet, zahlt fast immer mehr als nötig." Der durchschnittliche Marktzins für Ratenkredite liegt mit 8,12 Prozent nochmals deutlich über dem mittleren Zins der Kreditabschlüsse bei Verivox. In der Modellrechnung entstünden dadurch Mehrkosten von insgesamt 650 Euro.

Methodik

Für die Auswertung der Sparzinsen hat Verivox die Konditionen von rund 800 Banken und Sparkassen ausgewertet. Berücksichtigt wurden sämtliche Kreditinstitute mit Tages- und Festgeldangeboten, die ihre Zinsen frei zugänglich auf ihrer Website veröffentlichen. Es gibt Banken, die ihre Konditionen nicht im Internet ausweisen – darunter möglicherweise auch weitere mit Nullzinsen. Zinssätze wurden auf die zweite Nachkommastelle gerundet. Banken mit Tagesgeldzins von 0,001% wurden also den Instituten mit Nullzins zugerechnet. Ausgewertet wurden die Zinsen für eine Anlagesumme von 10.000 Euro. Im regionalen Sektor wird zwischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken unterschieden. In beiden Institutsgruppen gibt es einzelne Häuser, die ihr Tagesgeld deutschlandweit anbieten und deshalb den bundesweit verfügbaren Angeboten zugeordnet wurden. Die aktuellen Top-Konditionen wurden am 3.5.2023 erhoben, Stichtag der übrigen Auswertungen ist der 27.4.2023.

Für die Analyse der Ratenkreditzinsen wurden sämtliche Kreditabschlüsse bei Verivox seit April 2022 ausgewertet. Im Zuge ihres Kreditvergleichs holen Kunden vor dem Abschluss Finanzierungsangebote bei bis zu 23 Banken und Kreditvermittlern ein. Um den durchschnittlichen Marktzins zu ermitteln wurde der Durchschnittszins sämtlicher Finanzierungsangebote ausgewertet, die Kunden im Untersuchungszeitraum über Verivox erhalten haben.