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Deutsche Behörden: Nicht mal jeder sechste Bürgerservice ist komplett digitalisiert

07.03.2022 | 09:47

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Heidelberg. Bis Ende des Jahres müssen die deutschen Behörden alle Verwaltungsleistungen für Bürger und Unternehmen vollständig digitalisieren. So will es das Onlinezugangsgesetz (OZG). Aktuell ist weniger als die Hälfte der Verwaltungsleistungen zumindest teilweise digitalisiert – und nur 15 Prozent lassen sich komplett online erledigen. Das zeigt eine aktuelle Verivox-Recherche.

Nur 89 von 581 Leistungspaketen voll digitalisiert

Das Vergleichsportal hat bei den zuständigen Landes- und Bundesbehörden um Auskunft zum aktuellen Stand des Digitalisierungsprojekts gebeten. Ergebnis: Aktuell sind rund 40 Prozent der in Deutschland angebotenen behördlichen Dienstleistungen teilweise online nutzbar – doch vielfach fehlt immer noch die Möglichkeit zum digitalen Upload von Dokumenten. Deshalb können erst 89 von 581 Leistungspaketen komplett digital genutzt werden.

Einen Teil der OZG-Leistungen setzen die Länder um, einen anderen Teil der Bund. Laut Bundesinnenministerium waren Ende Januar 70 Prozent der vom Bund organisierten Bürgerservices voll digitalisiert. Darunter sind Anträge auf Arbeitslosengeld, BAföG, Führerscheine, Kindergeld oder Personalausweise – aber auch Anzeigen sowie die Steuererklärung sind bundesweit vollständig online möglich.

Föderale Struktur wird zum Hemmschuh

Die Digitalisierung anderer Verwaltungsleistungen wird auf Länderebene geregelt. Von insgesamt 14 in den Ländern organisierten Themenfeldern ist die Digitalisierung im Bereich Gesundheit noch am weitesten gediehen (29 Prozent der zugeordneten 62 Leistungen). Dahinter folgt das Feld Arbeit & Ruhestand, bei dem 9 von 36 Leistungen (25 Prozent) komplett digital durchführbar sind. Schlusslicht ist das Themenfeld Ein- und Auswanderung: Hier ist keine einzige der insgesamt 18 Leistungen vollständig online durchführbar.

Nicht selten erweist sich der Föderalismus als Bremsklotz, denn die Behörden arbeiten mit unterschiedlichen Anwendungen. „Ähnlich wie im Bildungsbereich rächt sich auch in Verwaltungen die fehlende technologische Standardisierung“, sagt Jens-Uwe Theumer, Vice President Telecommunications bei Verivox. „Hier zeigt sich sehr deutlich der Nachteil der föderalen Struktur.“

Geplant ist immerhin eine weitgehende Vernetzung der Verwaltungsportale untereinander, sodass Nachweise von Bürgerinnen und Bürgern künftig nicht doppelt erbracht werden müssen (etwa nach einem Umzug), sofern sie bereits einmal einer deutschen Behörde vorlagen.

Briefpost und Fax: Analoge Restbestände

Trotz der digitalen Fortschritte werden einige analoge Vorgänge bestehen bleiben. So ist zum Beispiel eine Aktualisierung der eigenen Ausweisdaten per App möglich. Dennoch bleibt das Anbringen des neuen Adressaufklebers als manueller Vorgang bestehen, solange es noch physische Ausweisdokumente gibt: Die Adressaufkleber werden per Briefpost zugestellt. Gleiches gilt bei Zugangsdaten wie dem Elster-Passwort für die Steuererklärung. Dieses wird aus Sicherheitsgründen ebenfalls postalisch versandt.

Als zusätzlicher Kontaktkanal verbleibt in einigen Ländern auch das Faxgerät. Bayern etwa sieht eine Kontaktaufnahme via Fax unberührt von der Modernisierung der Verwaltung; die Bearbeitung eines Antrages erfolge allerdings digital. Auch in Thüringen existiert das Fax als Zustellkanal weiterhin: Es verbiete sich aus Nutzersicht, einen solchen Kanal zu verschließen. Andere Bundesländer erklärten hingegen auf Verivox-Anfrage, dass noch vorhandene Übertragungswege per Fax im Zuge der Digitalisierung abgelöst würden.

Methodik

Verivox hat im Januar 2022 bei allen OZG-Ansprechpartnern in den 16 Bundesländern sowie im Bundesinnenministerium den Stand der Digitalisierung der Verwaltung erfragt – konkret bezogen auf vollständig online durchführbare OZG-Leistungen (von den Behörden bezeichnet mit „Reifegrad 3“; der niedrigere „Reifegrad 2“ ermöglicht eine teilweise digitale Durchführung). Zudem wurde um Auskunft über den Einsatz von Faxgeräten bei Verwaltungstätigkeiten gebeten. Ausgewertet wurden weiterhin Angaben zum Fortschritt der 581 OZG-Leistungen in 14 Themenfeldern. Diese wurden den unten verlinkten OZG-Informationsplattformen entnommen.

Am Digitalisierungsprozess wird auf Bundes- und auf Landesebene gearbeitet. 115 OZG-Leistungen setzt der Bund in Eigenregie um, die restlichen Leistungen übernehmen Länder und Kommunen, teils in Kooperation mit dem Bund. Jedes Themenfeld wird federführend von einem Bundesland betreut. Es gilt das „Einer für alle“-Prinzip: In der Regel leistet jeweils ein Bundesland die Vorarbeiten bei der Umsetzung, die anderen Bundesländer können die Ergebnisse dann als „Software as a Service“ übernehmen. Stand der Daten: 02.03.2022.

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