Pflegebedürftigkeit
Pflegebedürftig kann jeder werden – egal, in welchem Alter. Die Ursache kann beispielsweise ein Unfall oder eine schwere Krankheit sein. Dann ist im Leben des Betroffenen nichts mehr, wie es vorher war. Doch auch die Angehörigen haben mit allerhand Veränderungen zu kämpfen. Gerade wenn der Betroffene pflegebedürftig und nicht mehr in der Lage ist, seinen Alltag allein zu bestreiten, erfordert dies von ihnen viel Zeit-, Kraft- und Geldaufwand. Aber wann gilt ein Mensch als pflegebedürftig? Welche Möglichkeiten bestehen, Betroffene im Falle einer Pflegebedürftigkeit zu unterstützen? Und welche Leistungen unterstützt die gesetzliche Pflegeversicherung?
- Was ist unter Pflegebedürftigkeit zu verstehen?
- Welche Pflegegrade gibt es?
- Voraussetzungen für die Einstufung der Pflegebedürftigkeit
- Hilfe bei Pflegebedürftigkeit: Wie funktioniert die Antragstellung?
- Pflegezusatzversicherung: Warum sie für den Ernstfall sinnvoll sein kann
- Verwandte Themen
- Weiterführende Links
Das Wichtigste in Kürze
- Es gibt fünf Grade der Pflegebedürftigkeit.
- Pflegebedürftigkeit kann die Folge körperlicher oder seelischer beziehungsweise geistiger Behinderungen sein.
- Auf Grundlage des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) bestimmt ein Gutachter, wie hoch der Pflegebedarf des Betroffenen ist.
Was ist unter Pflegebedürftigkeit zu verstehen?
Als pflegebedürftig gelten Personen, die alltägliche Dinge nicht selbstständig bewältigen können. Die Einschränkungen können körperlicher, seelischer oder geistiger Natur sein. Seit dem 1. Januar 2017 gibt es ein neues Bewertungssystem der Pflegegrade. Auch Menschen, die an Demenz oder ähnlichen Erkrankungen leiden, sollen durch die neuen Pflegegrade eine bessere Chance auf Unterstützung bekommen.
Begriff der Pflegebedürftigkeit
Der Begriff Pflegebedürftigkeit ist in der deutschen Gesetzgebung in Paragraf 14 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) definiert. Die darin enthaltenen Kriterien bestimmen über das Vorhandensein und die Art der Pflegebedürftigkeit. Sie umfassen gemäß Paragraf 14 Abs. 2 SGB XI:
- Mobilität
- kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Anhand dieser Kriterien erstellt der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder ein anderer unabhängiger Gutachter im Auftrag der Pflegekasse ein Gutachten über den Gesundheitszustand und die Gegebenheiten des Betroffenen. Das Gutachten beinhaltet eine individuelle Gewichtung der einzelnen Bewertungspunkte. Diese entscheiden letztlich darüber, welcher Pflegegrad dem Betroffenen zugeordnet wird.
Zusätzlich zur Zuordnung eines Pflegegrads ist die Pflegekasse bestrebt, anhand der Gegebenheiten weitere Sozialleistungen anzubieten, um dem Pflegebedürftigen seinen Alltag so einfach wie möglich zu gestalten. Dafür ist es wichtig, dass der Gutachter auch den allgemeinen Tagesablauf des Betroffenen inner- und außerhalb dessen Zuhauses kennt. Das spielt beispielsweise für eventuell erforderliches Pflegepersonal eine wichtige Rolle.
Welche Pflegegrade gibt es?
Aus den Bewertungen des Gutachters ergibt sich am Ende eine Gesamtpunktzahl, die sich mithilfe der Anlagen 1 und 2 des Paragrafen 15 Abs. 3 SGB XI bestimmen lässt. Anhand der Punktzahl ist es möglich, den Pflegegrad zuzuordnen. Gemäß Paragraf 15 Abs. 3 SGB XI gibt es fünf Pflegegrade:
- Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten (ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten)
- Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten (ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten)
- Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten (ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten)
- Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten (ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten)
- Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung (ab 90 bis 100 Gesamtpunkten)
Voraussetzungen für die Einstufung der Pflegebedürftigkeit
Um Leistungen der Pflegekasse zu erhalten, sind einige Anforderungen zu erfüllen.
- Zunächst muss die Pflegebedürftigkeit dauerhaft vorliegen. Das bedeutet, dass sie voraussichtlich für mindestens sechs Monate bestehen bleibt.
- Zudem ist es gemäß Paragraf 33 Abs. 2 SGB XI unerlässlich, dass der Pflegebedürftige innerhalb der vergangenen zehn Jahre mindestens zwei Jahre selbst oder über eine Familienversicherung in die Pflegekasse eingezahlt hat.
Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist eine Unterstützung durch die Pflegekasse äußerst unwahrscheinlich.
Hilfe bei Pflegebedürftigkeit: Wie funktioniert die Antragstellung?
Um eine Prüfung der Pflegebedürftigkeit in die Wege zu leiten, muss der Betroffene zuerst einen Antrag bei der Pflegekasse stellen. Sollte er dazu nicht mehr in der Lage sein, ist es möglich, dass ein Bevollmächtigter die Antragstellung übernimmt. Im nächsten Schritt prüft der Medizinische Dienst der Krankenkasse oder ein anderer unabhängiger Gutachter die Umstände des Antragstellers. Bei privat Versicherten übernimmt dies MEDICPROOF. Die Prüfung findet an einem vereinbarten Termin im Zuhause des Antragstellers statt, um die Lage realistisch einschätzen zu können. Personen, die voraussichtlich die häusliche Pflege des Betroffenen übernehmen, sollten während des Termins anwesend sein.
Ist das Gutachten eingereicht, muss die Pflegekasse den Antrag innerhalb von 25 Werktagen prüfen. In dringenden Fällen ist eine Verkürzung der Bearbeitung auf eine Woche möglich. Beantragen Angehörige parallel eine (Familien-)Pflegezeit für eine Versorgung zu Hause, muss das Ergebnis der Antragsprüfung nach spätestens zwei Wochen vorliegen. Bei Nichteinhaltung der Fristen hat der Antragsteller ein Anrecht auf eine Entschädigungszahlung von 70 Euro pro angefangener Woche ohne bearbeiteten Antrag.
Pflegezusatzversicherung: Warum sie für den Ernstfall sinnvoll sein kann
Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt oftmals nicht alle Eventualitäten und Kosten im Falle einer Pflegebedürftigkeit ab. Der Pflegegrad spielt dabei eine entscheidende Rolle. Eine private Pflegezusatzversicherung kann sich durchaus lohnen, wenn später beispielsweise eine kostenintensive stationäre Pflege notwendig sein sollte.
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