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Peking - Wenn es um Peking geht, fiel Ma Fajiang bisher nicht viel Gutes ein. Der 56-Jährige lebt in Xianghe, einem kleinen Ort westlich der chinesischen Hauptstadt in der Provinz Hebei. Ganz davon abgesehen, dass Pekinger mehr Geld verdienen und einen besseren Zugang zu guten Schulen und Krankenhäusern haben, hat sie der Immobilienboom reich gemacht, ohne dass sie dafür auch nur einen Finger rühren mussten. Zumindest bisher war das im wesentlichen Mas Meinung über die "arroganten" Hauptstädter.
In Hebei dagegen "sind die Gehälter niedrig, die Schulen schlecht und der Preis für meine Wohnung hat sich ewig nicht nach oben bewegt", sagt Ma. Zumindest war das bis vor kurzem so. Seit Chinas Regierung vor zwei Jahren einen spektakulären Umbauplan für die Region um Peking beschlossen hat, schöpft Ma wieder Hoffnung. Der Preis seines Hauses hat sich verdoppelt, weil offenbar viele Investoren an das neue Zauberwort der Regierung glauben: Jingjinji.
Dreimal "J", dreimal "I" und das in einem Wort
Der Name der bald mit Abstand größten Metropolregion der Welt ist für Menschen im Westen ein ziemlicher Zungenbrecher. Und auch sonst ist nur schwer zu greifen, was sich in und um Peking alles ändern soll. China kennt sich zwar aus mit dem Bau von kolossalen Städten: Das Land verfügt derzeit über sechs Megastädte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern sowie zehn Städte mit einer Bevölkerung zwischen fünf und zehn Millionen Menschen.
Die "Megatropolis" Jingjinji soll diese Dimensionen bis zur Fertigstellung im Jahr 2030 deutlich toppen: Die Fläche der neuen Metropolregion, die neben Peking und der Provinz Hebei auch die Küstenstadt Tianjin umschließt, ist doppelt so groß wie Bayern, die Einwohnerzahl soll mit mehr als 130 Millionen Menschen die von Japan übertreffen.
Mit den Problemen solcher Megacities befasst sich noch bis zu diesem Donnerstag der dritten Weltsiedlungsgipfel, zu dem rund 40.000 Menschen nach Quito, der Hauptstadt von Ecuador, gekommen sind. Weltweit werden bis 2030 statt heute knapp 55 Prozent bis zu 70 Prozent der globalen Bevölkerung in Städten leben. Allein in China soll die Stadtbevölkerung von heute rund 700 Millionen bis dahin noch einmal um mindestens 200 Millionen steigen.
Jingjinji soll den Weg weisen.
"Gewinnen sollen von dem Integrationsprojekt sowohl die Großstädte Peking und Tianjin, als auch die Menschen im weniger entwickelten Hebei", sagt der Pekinger Ökonomieprofessor Hu Xingdou.
Die beiden wohlhabenden Großstädte und die Provinz Hebei haben dabei ganz unterschiedliche Probleme: In der Hauptstadt Peking liegen die Gehälter zwar deutlich über dem Landesdurchschnitt. Mit mehr als 20 Millionen Einwohnern platzt die Stadt jedoch aus allen Nähten. Verstopfte Straßen und die hohe Luftverschmutzung machen Peking zu einem wenig lebenswerten Moloch.
In Hebei dagegen treiben die Menschen andere Sorgen um: Sie wollen mehr verdienen, bessere Jobaussichten und eine ähnlich gute Sozial- und Krankenversicherung wie Menschen in der Hauptstadt.
Aufgabenteilung in der Supermetropole
Jeder der drei Teile der neuen Megalopolis soll künftig eine bestimmte Rolle übernehmen. Die Hauptstadt Peking soll als Zentrum für Politik und Kultur dienen und sich wirtschaftlich auf Hochtechnologie und Dienstleistungen fokussieren. Tianjin wird sich als Zentrum für die Industrie positionieren. Hebei soll ein Zentrum für Handel werden und sich weiterhin auf Bergbau konzentrieren. Zudem soll die Provinz viele grüne Oasen und Naherholung für die Menschen in Jingjinji bieten.
Erste Fortschritte lassen sich bereits beobachten. Peking hat damit begonnen, Teile der Regierung in den Außenbezirk Tongzhou im Osten der Stadt auszulagern, damit das Zentrum entlastet wird. Im Süden von Peking entsteht ein neuer gewaltiger Flughafen, der für alle Menschen in Jingjinji innerhalb einer Stunde erreichbar sein soll. Um die Mobilität zu steigern, ist derzeit auch ein 1.000 Kilometer langes Schienennetz für neue Hochgeschwindigkeitszüge in Bau.
Jobs entstehen, doch Schulen und Krankenhäuser fehlen
Einige Staatsbetriebe sind nach Hebei umgesiedelt auch in die Nachbarschaft von Ma Fajiang. Auch einige kleine Handelsfirmen und einer neuer Markt für Landwirtschafts-Bedarf haben sich in seinem Ort angesiedelt. Dennoch bleibt Ma Fajiang skeptisch. Mehr Jobs gibt es jetzt zwar, aber von neuen Schulen und Krankenhäusern ist noch weit und breit nichts zu sehen.
Auch Ökonom Hu Xingdou glaubt, dass ein Erfolg noch nicht abzusehen ist. Zwar wisse sein Land, wie man gewaltige Städte aus dem Boden stampft. Den Beweis, dass China auch intelligente Städte bauen kann, müsse dagegen noch erbracht werden. Jingjinji wäre eine gute Gelegenheit.