Deutsche Wirtschaft rüstet sich für harten Brexit
Stand: 28.06.2020
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In den vergangenen Wochen bestimmte die Corona-Krise fast sämtliche Schlagzeilen. Die laufenden Brexit-Verhandlungen verschwanden dadurch etwas aus dem Fokus der Öffentlichkeit. Doch noch immer ist die Frage offen, ob es zu einem No-Deal Brexit kommt. Vor diesem Hintergrund hat die Unternehmensberatung Deloitte zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) untersucht, mit welcher Entwicklung die deutschen Unternehmen rechnen und wie sie sich auf mögliche Brexit-Szenarien vorbereiten.
Deutsche Wirtschaft fühlt sich gut vorbereitet
"Ohne Verlängerung der Verhandlungsfrist bleiben nur noch etwa 180 Tage bis zum Ende der Übergangsperiode, das geht schnell", sagt Deloitte-Chefökonom Alexander Börsch. "Wie auch immer der Brexit dann aussehen wird - ob mit Deal oder ohne: Die deutsche Wirtschaft fühlt sich zum Großteil auch auf einen 'Worst Case' gut vorbereitet.“
Für ihre Analyse haben die Experten 248 Unternehmen mit wirtschaftlichen Verbindungen ins Vereinigte Königreich befragt. Fast drei Viertel der Unternehmen fühlt sich gut oder sehr gut auf den Brexit vorbereitet, ein Fünftel hingegen hält sich für schlecht oder sehr schlecht gewappnet. Entsprechend rechnen 38 Prozent der Unternehmen für den Fall eines harten Brexits mit hohen Schäden für ihr Unternehmen, während mehr als die Hälfte eher geringe Beeinträchtigungen erwartet.
Die höchsten Verluste für seinen Bereich erwartet das Bankwesen, das sich zugleich relativ schlecht vorbereitet weiß, während sich die Automobilindustrie überdurchschnittlich gut gewappnet fühlt und geringere Schäden auf sich zukommen sieht.
30 Prozent der Firmen rechnen mit hartem Brexit
Die im Mai durchgeführte Umfrage zeigt, dass weit mehr als die Hälfte der Firmen zu dem Zeitpunkt immer noch auf eine Verschiebung der Verhandlungsfrist (25 Prozent) beziehungsweise auf einen rechtzeitigen Abschluss und Ratifizierung eines umfassenden Freihandelsabkommens (26 Prozent) setzte. Weitere 18 Prozent erwarteten ein Basisabkommen.
Diese Hoffnungen aufgegeben hatten da indes fast ein Drittel (30 Prozent) – sie glauben nicht mehr an eine rechtzeitige Einigung und stellen sich daher auf einen harten Brexit ein. Ebenfalls 30 Prozent planen für diesen Fall einen Stellenabbau in Deutschland.
BDI-Chef: Unternehmen dürften Geschäfte verlagern
„Unsere Unternehmen beobachten die Brexit-Verhandlungen sehr genau“, sagt BDI-Chef Joachim Lang. Er sieht die Gefahr, dass sich die Verlagerungen weg von Großbritannien auf andere Standorte beschleunigen wird, wenn sich nicht bald eine Perspektive für eine Wirtschaftspartnerschaft abzeichnet. Verhandlungskonflikte mit Großbritannien sehen die Unternehmen vor allem bei der EU-Forderung nach fairem Wettbewerb (58 Prozent), gefolgt von den Themen Steuern (45 Prozent) und Subventionen (43 Prozent).