Bundesnetzagentur: Bekämpfung von Telefonbetrug unzureichend
Stand: 22.11.2010
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München - Die Bundesnetzagentur hat in Anbetracht immer dreisterer Telefon-Betrugsfälle mehr Befugnisse für ihre Ermittlungen gefordert. Nur so könnten offenkundig illegale Werbeanrufe aus Call-Centern besser verfolgt werden. Dies sagte Matthias Kurth, Präsident der in Bonn ansässigen Behörde, der "Süddeutschen Zeitung". Bislang sei die Netzagentur nicht berechtigt, sich von den Telefongesellschaften die Verbindungsdaten aushändigen zu lassen.
Hilfreich wäre es nach Kurths Ansicht auch, wenn seine Behörde selbst unerlaubte Werbeanrufe härter bestrafen könnte. Eine "zügige und deutliche Erhöhung" des Bußgeldrahmens auf 500.000 Euro in jedem einzelnen Fall hätte "abschreckende Wirkung", sagte Kurth der Zeitung. Gegenwärtig kann die Bonner Behörde demnach maximal 50.000 Euro pro Verstoß verlangen.
Die Aufsichtsbehörde werde mittlerweile mit Beschwerden und Anzeigen regelrecht überschwemmt, heißt es in dem Bericht weiter. Von August 2009 bis August 2010 hätten sich mehr als 200.000 Bürger an die Netzagentur gewandt.
Trotz der ersten Ermittlungserfolge der Justiz halte Kurth die Bekämpfung der Telefon-Kriminalität für unzureichend organisiert. Daher dränge er die 16 Bundesländer, Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften zu bilden, um gezielt vorgehen zu können. Bislang habe aber nur Hessen ein solches Vorgehen angekündigt.
Justiz greift härter gegen Betrüger durch
Die deutsche Justiz greift dem Bericht zufolge inzwischen härter durch. Sechs Geschäftsleute säßen in Untersuchungshaft, der Ex-Betreiber eines Call-Centers stehe im Dezember in Essen vor Gericht. Der junge Geschäftsmann aus Duisburg habe im Ruhrgebiet mehrere Call-Center betrieben, deren Mitarbeiter vielen arglosen Menschen mit erlogenen Geschichten die Kontonummern entlockt hätten. Anschließend hätten sie per Lastschrift hohe Summen kassiert.
Die Staatsanwaltschaft werfe dem Angeklagten schweren Betrug vor. Die Firmen hätten mehr als 70.000 Menschen aus ganz Deutschland insgesamt etwa sechs Millionen Euro widerrechtlich abgebucht. Der Geschäftsmann sei geständig, er müsse laut Justizkreisen mit mehreren Jahren Gefängnis rechnen. Auch in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen säßen mehrere Beschuldigte wegen offenkundiger Betrügereien in Untersuchungshaft. Insgesamt sollen kriminelle Banden mehrere hunderttausend Menschen um 30 Millionen Euro erleichtert haben.