EU-Finanzminister: Es gibt keine Euro-Krise
Stand: 06.12.2016
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Brüssel - In Italien wurde das lange erwartete Verfassungsreferendum abgelehnt. Die Finanzminister der EU-Länder sehen bei einem heutigen Treffen keine Euro-Krise. "Es gibt keinen Grund, von einer Euro-Krise zu reden", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei einem Treffen mit seinen Kollegen am Montag in Brüssel. Die Reaktionen an den Märkten seien entspannt. "Das ist ein demokratischer Prozess und ändert weder die wirtschaftliche Situation noch die Lage in den Banken", sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. "Die Probleme, die wir heute haben, sind dieselben wie gestern, und sie müssen gelöst werden."
Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi war zuvor mit seinem zentralen Projekt einer Verfassungsreform deutlich gescheitert. Knapp 60 Prozent der Wähler in dem hoch verschuldeten Land stimmten am Sonntag gegen die Reform, die unter anderem eine Verkleinerung und Entmachtung des Senats vorsah. Als Sieger der Abstimmung feierte sich vor allem die Protestbewegung "Fünf Sterne", die Neuwahlen und den Austritt Italiens aus der Eurozone fordert.
Hohe Schuldenquote
Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft des gemeinsamen Währungsgebiets. Das Land weist nach Griechenland die höchste Schuldenquote - also das Verhältnis der Staatsverschuldung zur Wirtschaftsleistung - im Euroraum auf. Das Wirtschaftswachstum schwächelt seit Jahren, zudem schlummert in den Bilanzen der Banken eine große Zahl an faulen beziehungsweise ausfallgefährdeten Krediten.
Der Ausgang der Volksabstimmung solle "mit einer gewissen Gelassenheit" zur Kenntnis genommen werden, meinte Schäuble weiter. In Rom müsse es aber dringend eine handlungsfähige Regierung geben. "Italien muss wirtschaftlich, politisch den Weg, den Ministerpräsident Renzi in den letzten drei Jahren gegangen ist, mit großer Konsequenz fortsetzen."
Verhandlungen über Haushaltsplan
Zwischen der Regierung in Rom und der EU-Kommission hatte es zuletzt zudem Streit um den Haushaltsentwurf des Landes für 2017 gegeben. Die Brüsseler Behörde hatte angemahnt, dass Italien gegen verbindliche Schuldenregeln verstoßen könnte. Nach den Maastricht-Kriterien darf die jährliche Neuverschuldung höchstens 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen. Zudem ist eine Gesamtverschuldung von maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung erlaubt.
Italien weist eine Gesamtverschuldung von mehr als 135 Prozent der Wirtschaftsleistung auf. Mit Brüssel war Anfang des Jahres eine Neuverschuldung von 1,8 Prozent vereinbart worden. Die Regierung in Rom ging zuletzt aber von einem Defizit von 2,3 Prozent aus.
Die Minister einer Reihe anderer betroffener EU-Staaten mussten ihren Amtskollegen in Brüssel nun darlegen, wie sie die Stabilitätskriterien im kommenden Jahr einhalten wollten. Angesichts der politischen Lage sei es derzeit aber unmöglich, zusätzliche Maßnahmen von Rom zu verlangen, sagte Eurogruppen-Chef Dijsselbloem.
Renzi wollte noch am Montagabend bei Staatspräsident Sergio Mattarella offiziell seinen Rücktritt einreichen. Das Staatsoberhaupt muss dann über die Zukunft des Landes in den kommenden Tagen und Wochen befinden.