Kritik gegen Versandhandelsverbot mit Arzneien auf Rezept
Stand: 27.03.2017
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Berlin - Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhes (CDU) Vorstoß, den Versandhandel mit rezeptpflichtige Arzneimittel zu verbieten, trifft auf heftigen Widerstand. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist strikt dagegen. Und Justiz-, Finanz- und Wirtschaftsministerium äußern mit Hinblick auf das europäische Recht Bedenken.
Dem Vernehmen nach will sich der Koalitionsausschuss am Mittwoch mit dem umstrittenen Gesetzentwurf von Gröhe befassen. Vor allem in der SPD gibt es Widerstand gegen ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten.
Kein wegsterben von Apotheken vor Ort
Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Gerade für Menschen auf dem Land mit langen Wegen zu niedergelassenen Apotheken kann der Versandhandel die Versorgung verbessern." Bei dem Verbot "geht es wohl mehr um Lobbyinteressen der niedergelassenen Apotheker als um die Patienten."
Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte der "Rheinischen Post" (Montag): "Wir wollen den Versandhandel nicht völlig verbieten, da er gerade im ländlichen Raum und für chronisch kranke Menschen große Vorteile bringt. Deshalb sind wir derzeit in Gesprächen, um über eine geeignete Regelung Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden."
Es sei aber "befremdlich", dass in diesen Zeiten, in denen überall der Internet-Handel wachse, eine Sparte völlig ausgenommen werden solle. "Nach allen Untersuchungen die wir haben, gehen wir nicht davon aus, dass durch den Online-Handel mit Arzneien Apotheken wegsterben würden", sagte Zypries.
Laut "Handelsblatt" hat das SPD-geführte Justizministerium weiter verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass den Versandhändlern die Handelserlaubnis mit verschreibungspflichtigen Medikamenten 13 Jahre nach deren Einführung wieder weggenommen wird.
Parteiinterne Kritik bleibt nicht aus
Auch das von Gröhes Parteifreund Wolfgang Schäuble geführte Finanzministerium brachte Bedenken vor. Deutschland könnte sich einer "EU-rechtlichen Staatshaftung aussetzen", sollte es das Verbot beschließen, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums, die der dpa vorliegt.
Das Finanzministerium könne nur zustimmen, wenn insbesondere das für EU-Rechtsfragen zuständige Wirtschaftsministerium keine Risiken mehr sehe. Das Wirtschaftsministerium von Zypries hatte aber bereits in einer früheren Stellungnahme EU-rechtliche Bedenken geäußert.
EuGH kippte bereits 2016 Regelung
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte Ende 2016 die deutsche Regelung verworfen, wonach die Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel auch für ausländische Versandapotheken gelten soll. Das Urteil würde die deutschen Apotheken ins Hintertreffen bringen, weil sie nur einen geringen Anteil am Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln haben und diese vor allem im Geschäft vor Ort abgeben.