Gesetzliche Krankenkassen warnen vor Angleichung der Arzthonorare
Stand: 30.01.2018
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Berlin - Sowohl die gesetzlichen als auch die privaten Krankenversicherungen sehen die Pläne für eine einheitliche Gebührenordnung kritisch. Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Mehrkosten. Die privaten Kassen sehen auch verfassungsrechtliche Hürden.
Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat Union und SPD vor einer Angleichung der Arzthonorare zu Lasten ihrer Beitragszahler gewarnt.
Beiträge könnten deutlich steigen
"Die Einführung einer einheitlichen Honorarordnung würde 90 Prozent der Menschen in diesem Land derzeit keinerlei Vorteile bringen, aber die Privatversicherten entlasten", sagte der Vize-Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, der Deutschen Presse-Agentur. Experten gehen davon aus, dass durch eine einheitliche Gebührenordnung der Beitragssatz zur Krankenversicherung um durchschnittlich bis zu 0,6 Prozentpunkte auf dann 16 bis 16,2 Prozent vom Brutto steigen könnte.
SPD beharrt auf Angleichung der Honorare
CDU, CSU und SPD setzen ihre Koalitionsverhandlungen am Dienstag fort. Zunächst beraten wieder Arbeitsgruppen über Detailfragen einzelner Fachbereiche. Am Abend (20.00 Uhr) tagt dann im Willy-Brandt-Haus die 15-köpfige Steuergruppe unter Leitung der Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD).
Neben dem Familiennachzug wird unter anderem auch um den von den Sozialdemokraten verlangten Einstieg in das "Ende der Zwei-Klassen-Medizin" gerungen. Die SPD beharrt auf eine Angleichung der Arzthonorare für Privat- und Kassenpatienten.
Auch verfassungsrechtliche Bedenken
Gegen eine Vereinheitlichung der Arzthonorare für Kassen- und Privatpatienten bestehen nach Einschätzung von Experten auch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Eine einheitliche Gebührenordnung könnte zudem mit Europarecht kollidieren. Das geht aus einem Gutachten im Auftrag des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV) und der Bundesärztekammer (BÄK) hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
6 Milliarden Euro Mehrkosten für gleiche Leistungen
Zudem würden die beabsichtigten Effekte einer einheitlichen Gebührenordnung keinesfalls erreicht. Weder die "Zwei-Klassen-Medizin" noch die "Zwei-Klassen-Wartezeiten" oder der Ärztemangel auf dem Land ließen sich so beseitigen, heißt es in dem Gutachten von fünf führenden Gesundheitsökonomen weiter.
Stackelberg argumentierte, eine bloße Angleichung der Honorare ohne Anpassung der ärztlichen Leistungen würde vor allem bedeuten, dass die gesetzliche Krankenversicherung für die gleichen Leistungen mindestens sechs Milliarden Euro mehr bezahlen müsste. Und es gebe "keinen Grund anzunehmen, dass dies tatsächlich zu einer schnelleren Terminvergabe für gesetzlich Versicherte führen würde", sagte er an die Adresse der Unterhändler von Union und SPD.
Deren Arbeitsgruppe Gesundheit war am Montag erstmals zu Beratungen zusammengekommen. Nach dpa-Informationen gab es erwartungsgemäß große Übereinstimmungen bei der Pflege. Die Nachbesserungswünsche der SPD etwa bei den Arzthonoraren seien dagegen noch nicht wirklich verhandelt worden. Sie dürften eher gegen Ende der Beratungen am kommenden Sonntag aufgerufen werden.
Versorgung auf dem Land soll besser werden
Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) lehnt die von der SPD geforderte Bürgerversicherung ebenso vehement ab wie einheitliche Arzthonorare. Gröhe hatte aber zuletzt gesagt: "Wir wollen weitere Verbesserungen für gesetzlich Versicherte, ob es um die Versorgung im ländlichen Raum oder einen schnelleren Zugang zum medizinischen Fortschritt geht. Außerdem wollen wir die Servicestellen zur besseren Vermittlung von Arztterminen stärken."
Stackelberg plädierte dafür, dass Landärzte besser vergütet werden. "Egal ob gesetzlich oder privat versichert - dass es auch in Zukunft genug Landärzte gibt, ist für alle Versicherten wichtig." Fehlanreize bei der Niederlassung von Ärzten müssten beseitigt werden. "Ärzte die in unterversorgten Gebieten arbeiten, sollen Vergütungszuschläge erhalten, die aus der Vergütung überversorgter Regionen derselben KV (Kassenärztlichen Vereinigung) in Form von Abschlägen finanziert werden", so Stackelberg.
Im übrigen sollte eine bevorzugte Vergabe von Terminen an Privatversicherte künftig als Verstoß gegen die Pflichten eines Kassen-Arztes gelten und von den Kassenärztlichen Vereinigungen sanktioniert werden.