Renault Clio E-Tech: Fahrfreude auf gehobenem Niveau
Stand: 26.03.2021
Bildquelle: ©Renault / Text: SP-X
Hybrid ist nicht gleich Hybrid. Auch Renault hat sich im Fall des Clio E-Tech für einen Motoren-Getriebe-Mix nach eigener Fasson entschieden. Das System bietet Vor- und Nachteile.
Gefühlt steht auf mittlerweile jedem zweiten Neuwagen ein Hybrid-Schriftzug am Heck. Doch unter dem kleinen Wort vereint sich eine große Vielfalt an Antriebskonzepten. Eine im Detail sogar einzigartige Motoren-Getriebe-Kombination hat sich Renault für den Clio E-Tech ersonnen. Statt auf nur einen kleinen E-Booster oder auf einen Riesenakku mit teurer Ladetechnik zu setzen, haben die Franzosen einen interessanten, wenn auch nicht in allen Punkten überzeugenden Mittelweg gewählt. Dieser sorgt für mehr Effizienz sowie elektrische Fahrfreuden auf gehobenem Niveau. Bei Vollgas-Sausen auf der Autobahn stößt das System allerdings an etwas ernüchternde Grenzen.
Hybrid stand vor Jahren noch für längsdynamische Verzichtserklärung und nervigen Gummiband-Effekt. Der E-Antrieb konnte nicht, der Verbrenner dufte nicht. Doch im Fall des neuen Clio E-Tech steht Hybrid für ein muskelstrotzendes Motoren-Trio, welches dem nominellen Potenzial von 103 kW/140 PS auch eindrucksvolle Taten folgen lässt – ohne Gummiband-Effekt und aufheulenden Verbrenner. Möglich machen das zwei ins automatische Getriebe integrierte Elektromotoren mit 15 kW/20 PS und 36 kW/49 PS. Dem Schwächeren fällt die Aufgabe zu, das Hauptantriebsaggregat, einen 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner, zu starten, ihn auf eine bestimmte Drehzahl zu bringen und ihn so mit dem entsprechenden Getriebegang zu synchronisieren. Eine Trennkupplung macht das entbehrlich. Die Aggregate können sich auf verschiedenste Weise die Hände reichen - seriell, parallel oder in einer Kombination aus beidem. Der Vierzylinder kann zudem aktiv werden, um lediglich den Akku zu laden. Viele Zwischenstufen sind möglich.
Ideal für den Stadtverkehr
Bei Fahrten auf der Autobahn gibt es Einschränkungen
Auch bei Überlandfahrten macht der potente Antriebsmix Laune, denn bei Überholmanövern auf Landstraße oder Autobahn sorgt der E-Boost für kräftigen Durchzug. Wer nach dem Clio E-Tech wieder auf einen normalen Benziner umsteigt, wird den elektrischen Kick jedenfalls vermissen. Spult man mit dem Hybriden lange Strecken auf der Autobahn mit Tempo 130 ab, bleibt der große Spareffekt allerdings aus. Die Hauptvortriebsarbeit übernimmt dann der Benziner, der sich in unserem Fall im Schnitt 6,5 Liter genehmigte. Das können Benziner ohne E-Unterstützung teilweise sogar besser. Und ebenfalls nicht so recht überzeugen wollte der E-Tech auf der Autobahn in Richtung Topspeed. Hier sind nur 180 drin, die zwar schnell erreicht werden, sich aber nicht dauerhaft halten lassen. Schnell leert sich der Akku, der dann mithilfe einer Tempodrosselung auf circa 160 km/h wieder auf ein Mindestniveau gefüllt werden muss. Eine derart deutliche Einschränkung dürfte so manchen abschrecken.
Ansonsten handelt es sich beim Clio um ein angenehmes Alltagsauto. Vorne sitzt man bequem mit ausreichend Platz, sind die Gäste nicht allzu groß, kommen sie halbwegs kommod auch im Fond unter. Der Kofferraum fällt mit 254 Liter etwas kleiner als beim konventionellen Clio aus, was der Batterie im Heck geschuldet ist, die 30 Liter vom Standard- sowie 63 Liter vom Maximal-Stauraum beansprucht. Anders als man von einem Franzosen vielleicht erwarten würde, kommentiert das insgesamt ausgewogene Fahrwerk grobe Unebenheiten gelegentlich mit Poltern. Für die Stadt angenehm leichtgängig ist die Lenkung.
Teurer Kleinwagen
Bemerkenswert umfangreich war die Ausstattung unseres über 25.000 Euro teuren Testexemplars. Basisversion ist die mittlere Ausstattung Zen, mit welcher der E-Tech mindestens 22.650 Euro kostet. Zusätzlich waren noch das Infotainmentsystem Easy Link mit 7-Zoll-Touchscreen, Parkpiepser, Klimaautomatik, Mittelarmlehne vorne, Keyless-System und vieles mehr an Bord. Die vielen Nettigkeiten, die teilweise schicken Materialien sowie der potente Antrieb machen fast vergessen, dass es sich um einen allerdings auch nicht gerade günstigen Kleinwagen handelt.
Autor: Mario Hommen